Gennadij Nikolajewitsch Bogdanow ist ein russischer Schauspieler, Regisseur und Schauspielpädagoge. Der Schüler von Nikolaj Kustow, der ihn mehrere Jahre in am Moskauer Theater der Satire mehrere Jahre in Biomechanik unterrichtete, arbeitete als Dozent an der Russischen Akademie für Theaterkunst (GITIS). Im Jahr 1991 leitete er den ersten Biomechanik-Workshop am Mime Centrum Berlin, dem auch eine ööfentliche  und wirkte seit dem an der praktischen Umsetzung der Rekonstruktion der theatralen Biomechanik Meyerholds. Heute lehrt er an zahlreichen Instituten und Schauspielschule, u.a. am Centro Internazionale Studi di Biomeccanica Teatrale di Mejerchol'd in Perugia.

Jörg Bochow studierte Theaterwissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin, wo er 1995 mit einer Arbeit über den russischen Film der 20er Jahre promovierte. Er kam 1990 mit dem Mime Centrum Berlin und dessen ersten Workshops zur theatralen Biomechanik Meyerholds in Kontakt und wurde in Verbindung von theaterwissenschaftlicher Kompetenz und fundierten Kenntnissen der russischen Sprache zum konzeptionell wichtigsten Begleiter und Anreger des langjährigen Projekts der Rekonstruktion und Anwendung der theatralen Biomechanik am Mime Centrum Berlin. Über die theaterhistorische Recherche hinaus wurde für Jörg Bochow dabei auch das Training der Biomechanik bei Gennadij Bogdanow zu einem wichtigen, unmittelbar praktischen Erfahrungshintergrund.

Neben seiner Teilnahme am ersten internationalen Biomechanik-Workshop 1993 am GITIS in Moskau entwickelte Jörg Bochow eine Reihe von Kontakten, welche für die weitere Erforschung der Entstehungszusammenhänge sowie der späteren Anwendungsmöglichkeiten der Biomechanik von zentraler Bedeutung wurden. So ermöglichte er über Maria Valentai, der Enkelin Meyerholds, dem MCB die fotografische Reproduktion zahlreicher Fotos im Bachruschin-Museum Moskau.

Über seine Gespräche mit dem langjährigen Direktor des Moskauer Eisenstein-Archivs, Naum Kleiman, erschloss Bochow wichtige, zum Teil vorher noch unbekannte Quellen. Jörg Bochows Forschungen und praktische Erfahrungen der Biomechanik mündeten schließlich in der 1997 beim Alexander Verlag Berlin erschienenen Veröffentlichung von Buch und Video „Das Theater Meyerholds und die Biomechanik“. Auch für spätere, besonders auf die theatrale Anwendung orientierte Projekte des MCB, erarbeitete Jörg Bochow die konzeptionellen und dramaturgischen Grundlagen; so für die Produktionen „Goebbels Tisch“ und „Play Don Juan“. Neben seinen Veröffentlichungen und Konferenzbeiträgen zu Meyerholds Biomechanik eröffnete Bochow im Kontext seiner eigenen Forschungs- und Lehrtätigkeit als Professor an der University of Toronto und als Studiengangsleiter an der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg Möglichkeiten, auch Gennadij Bogdanows praktische Vermittlung der Biomechanik zu integrieren. In seiner Arbeit als Chefdramaturg/stellvertretender Intendant am Staatsschauspiel Stuttgart, dem Schauspielhaus Hamburg oder nunmehr am Staatsschauspiel Dresden fungieren Jörg Bochows Wissen und Erfahrung der Meyerholdschen Biomechanik als vermittelte Anregung, in der Zusammenarbeit mit Hasko Weber erfuhr sie mehrfach ihre unmittelbare Anwendung.

Ralf Räuker studierte zunächst Schauspiel an der Universität der Künste Berlin, an der er 1986 sein Diplom erwarb. Sein besonderes Interesse an physischen Ausdrucks- und Trainingsformaten führte ihn im Rahmen eines zweijährigen Zusatzstudiums zu vertiefenden Recherchen und zur Zusammenarbeit mit Jerzy Grotowski und Eugenia Barba sowie im Kontakt mit dem amerikanischen Theaterwissenschaftler Mel Gordon zu einem ersten Interesse an der Biomechanik Meyerholds. Ralf Räuker war Teilnehmer der ersten Workshops von Gennadij Bogdanow in Amsterdam, Utrecht und Berlin und begann auf Empfehlung seines langjährigen Lehrers Prof. Peter Simhandl eine intensivere Zusammenarbeit mit dem Mime Centrum Berlin. Dort koordinierte er von 1991 bis 1996 das Workshop-Programm des MCB, was ihm zugleich ein langjähriges und konzentriertes Training der Biomechanik ermöglichte. Neben der konzeptionellen und praktischen Mitwirkung am ersten internationalen Biomechanik-Seminar 1993 in Moskau und dem 2. Kongress der Europäischen Mime Föderation mit dem Schwerpunkt Biomechanik brachte Ralf Räuker seine Erfahrungen in zahlreiche Arbeits- und Konferenzformate, so in die von Eugenia Barba begründete ISTA, das „Past Masters Symposium“ des Centre for Performing Arts Aberystwyth oder das von Ide van Heiningen initiierte internationale Projekt der Moving Academy for Performing Arts ein. Während des Biomechanik-Projekts der Berliner Festspiele und der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin 1995 war er Trainingsmitarbeiter von Gennadij Bogdanow; in New York interviewte er die ehemalige Meyerhold-Schauspielerin Stella Duff und trug zum Aufbau der umfangreichen Materialbestände zur Biomechanik am MCB bei. Besonders bedeutsam wurden Ralf Räukers Erfahrungen und Kenntnisse bei der konzeptionellen Mitarbeit sowie als Darsteller in dem vom MCB produzierten und beim Alexander Verlag Berlin erstmals 1997 herausgebrachten Video „Das Theater Meyerholds und die Biomechanik“. In seinen eigenen, bis heute kontinuierlich realisierten Regiearbeiten spielt die Anwendung der Biomechanik stets eine besondere Rolle, so etwa in seiner Inszenierung der „Zauberlehrlinge“ von Lars Kleberg oder dem Projekt „Destination Paradise“, einer Verbindung von Biomechanik und asiatischen Theaterformen. Seit 2004 lebt Ralf Räuker in Perth /Australien, wo er an der Western Australien Academy of Performing Arts mit einem Projekt über Bertolt Brecht seinen PhD erwarb und seitdem seine künstlerische und Lehrtätigkeit besonders auf den asiatischen und pazifischen Raum konzentriert. 2018 gehörte Ralf Räuker zu den zum C.I.S.B.I.T-Symposium in Perugia eingeladenen, weltweit erfahrensten Dozenten und Akteuren der theatralen Biomechanik Meyerholds.

Merit Fakler studierte Bühnenbild an der Hochschule der Künste Berlin (HdK) bei Prof. Achim Freyer, bei dem sie ihr Diplom und den Meisterschülertitel erwarb. Über eine Videoausbildung für postgraduierte Künstler*innen, ebenfalls an der HdK, orientierte sich Merit Fakler besonders auf die künstlerischen und dokumentarischen Aspekte der Arbeit mit audiovisuellen Medien. So leitete sie von 1994 bis 1997 das Videostudio am Mime Centrum Berlin. Hier realisierte sie im Rahmen eines Auftrages des Landes Berlin zahlreiche Tanz- und Theaterdokumentationen und begleitete dokumentarisch verschiedene Projektlinien des MCB. Merit Fakler verantwortete dabei Kamera und Schnitt. Darüber hinaus wirkte sie mit an Konzeption und Script sowie Dreh- und Schnittbuch.
www.merit-fakler.de
Ide van Heiningen absolvierte die Amsterdamer Theaterschule und ist seitdem international als Darsteller und Dozent für zeitgenössische Mime tätig. Als langjähriger Direktor des Niederländischen Mime Centrums und Initiator der europäischen Moving Academy for Performing Arts wurde er für viele Jahre zu einem der wichtigsten Berater und Begleiter des Mime Centrum Berlin. Das auf seine Initiative 1991 realisierte Ausbildungs- und Ausstattungsprojekt des in Gründung befindlichen MCB durch die niederländische Regierung schuf wichtige Grundlagen der Projektarbeit des MCB, insbesondere im Bereich der audiovisuellen Dokumentation. Dies ermöglichte dem MCB die kontinuierliche filmische Dokumentation zahlreicher Workshops, Inszenierungen, Konferenzen und weiteren Arbeitsformate zur Biomechanik. Ide van Heiningen „entdeckte“ die praktische Trainingsarbeit von Gennadij Bogdanow 1990/91 in Moskau, arbeitete mit ihm über viele Jahre zusammen und beförderte so u.a. auch die internationale Kenntnisnahme der von Bogdanow vertretenen Überlieferung der theatralen Biomechanik Meyerholds.

Jürgen Hohmuth erlangte seine Ausbildung als Fotograf bei Arno Fischer an der Hochschule für Grafik und Buchkunst und ist seitdem in unterschiedlichen Arbeitsfeldern dokumentarisch wie auch künstlerisch tätig. Am früheren Pantomimentheater vom Prenzlauer Berg begleitete er über einen langen Zeitraum sowohl die Inszenierungs- und Probenarbeit wie auch die Gastspiele der Internationalen Woche des Gestischen Theaters. Am Mime Centrum Berlin begleitete er mit seiner theaterfotografischen Kompetenz nicht nur die ersten Workshops und Veranstaltungen von Gennadij Bogdanow in Berlin, sondern stellte diese auch in die experimentelle Arbeit an der sequenziellen Dokumentation der Bewegungsabfolgen der Biomechanik.

Thilo Wittenbecher studierte Philosophie und Ästhetik an der Humboldt-Universität Berlin, wo er sich in einem Forschungsstudium mit Fragen des kulturellen Erbes in Theater und Literatur des 20./21. Jahrhunderts beschäftigte. Von Eberhard Kube 1987 als Dramaturg an das Pantomimentheater vom Prenzlauer Berg verpflichtet, beschäftigte er sich neben seiner Arbeit für die Internationale Woche des Gestischen Theaters zunehmend mit europäischen und asiatischen Bewegungsformen sowie Trainingsmethoden im Theater; gemeinsam mit Michael Kulow veröffentlichte er dazu die Publikation „Leiblichkeit als Organ der Vermittlung“. Zusammen mit Eberhard Kube gründete Thilo Wittenbecher 1990 das Mime Centrum Berlin (MCB) als international ausgerichtetes Informations-, Dokumentations- und Arbeitszentrum für Bewegungstheater und leitete es bis zu dessen Integration in das Zentrum Bundesrepublik Deutschland des Internationalen Theaterinstituts im Jahr 2011. Er konzipierte und koordinierte am MCB u.a. das mehr als 25-jährige Projekt der Rekonstruktion, Erforschung und Anwendung der theatralen Biomechanik Meyerholds, war Produzent und Koproduzent von internationalen Workshops, Projekten, Konferenzen und Symposien und Herausgeber von Buch und Video „Das Theater Meyerholds und die Biomechanik“. Selbst filmdokumentarisch tätig wurde ihm der Aufbau eines umfassenden, öffentlich zugänglichen Materialbestands zur Biomechanik besonders wichtig. Mit Gennadij Bogdanow verbindet ihn neben der unmittelbaren Arbeitsbeziehung eine langjährige persönliche Freundschaft.


Weitere Mitwirkende

Als weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des mehrjährigen Projekts zur Biomechanik seien hier stellvertretend und dankend erwähnt die Dolmetscherinnen Aglaia Romanowskaja, Elke Klusmann, Anke Schüler und Ganna-Maria Braungardt, der technische Leiter des MCB Matthias Tenczhert sowie die langjährigen Mitarbeiterinnen Ina Seidel und Claudia Pilz.
Für Ideen, Anregungen, kritische Nachfragen, Zurverfügungstellung von Material und jedwede andere Unterstützung ist weiterhin zu danken: Micha Harms, Naum Kleiman, Wladimir Koljasin, Torsten Maß, Wadim Schtscherbakow.
Das Langzeitprojekt zur theatralen Biomechanik wurde aus öffentlichen Mitteln ermöglicht u.a. durch: Die Abteilung Kultur des Bundesinnenministeriums, die Senatsverwaltung für Kultur des Landes Berlin, das Kulturamt Prenzlauer Berg/Pankow.


Mitarbeiter*innen am Digitalisierungsprojekt zur theatralen Biomechanik 

Die Koordination des vom Forschungs- und Kompetenzzentrum Digitalisierung Berlin (digiS) geförderten Projekts lag bei Christine Henniger, die am 01.11.2018 die Leitung des Projektbereichs Mediathek am Internationalen Theaterinstitut von Thilo Wittenbecher übernommen hat, dem die redaktionelle Leitung des Projekts oblag. Darin wurde er von Thekla Neuß unterstützt, die außerdem für die Verzeichnung des Materials sowie für die bisherige Rechteklärung zuständig war.

Die Leitung der Digitalisierung hatte Maxim Wittenbecher inne, der zudem für das Konzept der digitalen Präsentation des Materials verantwortlich zeichnet. Für ihre zuverlässige und kompetente Mitarbeit in der Digitalisierung und der Materialbearbeitung kann Michel Barre und Elena Ferri kaum genug gedankt werden.