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Meyerhold, Wsewolod Emiljewitsch

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Schauspieler, Theaterregisseur und -leiter und Theoretiker. Er entwickelte das Ausbildungs- und Spielkonzept der Theatralen Biomechanik.
Wsewolod Emiljewitsch Meyerhold wird 1874 in Pensa, Russland geboren. Nach einem abgebrochenen Jurastudium wendet er sich dem Theater zu und absolviert eine Ausbildung als Schauspieler an der Theaterschule Stanislawskijs und Nemirowitsch-Dantschenkos (Moskauer Philharmonische Gesellschaft), an deren Moskauer Künstlertheater (MChAT) er nach seinem Abschluss engagiert wird. In der Inszenierung von Tschechows „Die Möwe“ (1898) feiert er erste Erfolge als Schauspieler. Wegen künstlerischer, politischer und persönlicher Konflikte mit Stanislawskij verlässt Meyerhold von 1902-1905 Moskau und arbeitete in eher ländlichen Gegenden Russlands als Regisseur und Theaterleiter. Der Bitte Stanislawskijs folgend kehrt er 1905 zurück und leitet das Studio des MChAT. 1913 eröffnet er sein erstes eigenes Studio in St. Petersburg. Die Studioarbeit ist für Meyerhold essentiell, da sich hier in der Zusammenarbeit mit den Schauspieler*innen und in der täglichen Übung seine Theatersprache entwickelt. In Meyerholds Studios (1917 öffnet er in Moskau die Kurse zur Meisterschaft der Inszenierung) arbeitet er an der Ausbildung eines Schauspielers, dessen Fähigkeiten den Anforderungen eines radikal anti-naturalistischen Theaters, wie es Meyerhold theoretisch vorschwebt, gewachsen sind. In den 1920er Jahren – Meyerhold ist begeistert von den revolutionären Umbrüchen der Zeit – wird das Meyerhold-Theater gegründet, an das Werkstätten für Ausbildung und Training der Schauspieler*innen angeschlossen sind. Ausbildung und Inszenierungsarbeit bedingen und befördern sich hier gegenseitig. In den Werkstätten werden die Schauspieler*innen in Biomechanik unterrichtet. Während Meyerhold bis Mitte der 1920er Jahre Ansehen auch in der neuen bolschewistischen Regierung genießt, zum Sowjetischen Staatskünstler gekürt wird und sein Theater staatliche Unterstützung erfährt, wendet sich das Blatt gegen Ende des Jahrzehnts – seine Kunst entspricht nicht dem proklamierten Ideal eines sozialistischen Realismus und wird in den 1930er Jahren als Formalismus gebrandmarkt. Nachdem das Meyerhold-Theater 1938 geschlossen wird, findet Meyerhold kurze Zeit Schutz in Stanislawskijs Moskauer Opernhaus, wird nach dessen Tod 1939 aber verhaftet und 1940 hingerichtet – die Anklage lautet auf Mitgliedschaft in einer trotzkistischen Gruppierung. Bis in die 1970er Jahre fällt die Biomechanik unter die sowjetische Zensur, weshalb sowohl die praktische Überlieferung biomechanischer Bewegungsmuster, die Etüden und Übungen als auch die Sicherung von Meyerholds Nachlass und die archivarischen Dokumente aus dem Meyerhold-Theater lange Zeit nur bruchstückhaft möglich war.

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