Neben den kulturellen Veränderungen waren vor allem die Verschiebungen des soziokulturellen Feldes im Berlin der späten 1970er und ‘80er prägend auch für die Entwicklung der Tanzfabrik. Denn während die 1970er Jahre nach den Studentenprotesten trotz der Ermordung Benno Ohnesorgs, den Schüssen auf Rudi Dutschke und auf der anderen Seite den Attentaten der RAF durch gesellschaftspolitische Auseinandersetzungen und alternative Lebensmodelle noch eine positive Aufbruchstimmung generierten, entwarfen die 1980er Jahre im Zuge einer restriktiven Innenpolitik, den Folgen des Nato-Doppelbeschlusses und einer neoliberalen Wirtschaftspolitik eine Endzeitstimmung, die auch das Ende der positiven Counter-Cultures markierte. Die Hausbesetzerszene und die Straßenkämpfe dominierten das Bild West-Berlins in den 80er Jahren, teilweise eng damit verbunden waren die Punk-Szene und linke Szene, innerhalb derer die Do-it-yourself-Idee zahlreiche linke Läden und Plattenlabels entstehen ließ. Kulturell entwickelte die Stadt ohne Sperrstunde eine blühende Szenekultur, deren bekannteste Vertreter David Bowie, Iggy Pop, die Einstürzenden Neubauten und Nick Cave waren. Auch die schwule (Sub-)Kultur konnte sich in diesen Jahren angesichts einer zunehmenden Liberalisierung der Gesellschaft freier als zuvor entfalten. Wie produktiv auch diese eigentliche Krisenzeit in Berlin war, das immer noch von seinem Insel-Status auch profitierte, haben zahlreiche Filme, Dokumentationen, Ausstellungen und Bildbände inzwischen gezeigt. Für den Tanz steht eine solche Untersuchung jedoch noch weitgehend aus.
Ein Vergleich zur Theaterszene nach 1969 wäre hier für künftige Recherchen fruchtbar: Wie beeinflussten sich Aktivismus und Kunst? Wie unterschieden sich die Mitbestimmungsmodelle? Gab es Überschneidungen zwischen alternativen Gruppen und Orten? Inwieweit ließ sich von einer Politisierung der Künste sprechen? Und in welcher Weise galt das für den Tanz?