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Kieslowski, Krzysztof

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Krzysztof Kieslowski wurde am 27. Juni 1941 in Warschau geboren. Nach einer Ausbildung zum Bühnenausstatter an der Warschauer Fachschule für Theatertechnik (Liceum Techniki Teatralnej) wurde er 1965 an der Filmhochschule in Lodz angenommen. Bereits im darauffolgenden Jahr drehte er dort zwei Kurzfilme, den fiktionalen „Tramwaj“ (Straßenbahn) und den dokumentarischen „Urzad“ (Das Büro). „Es war ganz natürlich, dass ich mit Kurzfilmen begonnen habe. Ich habe meine Kindheit mit Reisen zugebracht. Weil mein Vater krank war, sind wir oft umgezogen, von Sanatorium zu Sanatorium, von Stadt zu Stadt. Dabei habe ich gelernt, die Welt zu beobachten.“ - In der Folgezeit bis 1981 - dem Jahr, in dem sein Film „Pzypadek“ (Der Zufall möglicherweise) entstand – drehte er zahlreiche weitere überwiegend kurzformatige Dokumentarfilme, deren mit Besessenheit verfolgtes vorherrschendes Thema der Zusammenbruch der polnischen Gesellschaft war. Sein Spielfilm „Die Narbe“ aus dem Jahr 1976 stellte jedoch bereits eine erste Annäherung an das fiktionale Kino dar. In fließenden Übergängen zwischen Erzählstil und dokumentarischem Cinéma Vérité beleuchtet Kieslowski auch in diesem Werk die Realität des polnischen Sozialismus am Beispiel eines aufrechten Technokraten, des Direktors eines neuen Chemiekombinats, der zwischen den Protesten der Bevölkerung, den Zwängen der Behörden und Intrigen im Werk aufgerieben wird. - Kieslowski reiht sich damit ein in die Generation von Cineasten wie Agnieszka Holland, Falk, Kijowski oder Munk, die von Regisseuren wie Andrej Wajda oder Krzysztof Zanussi beeinflusst wurden und deren Filme einer Richtung zugerechnet werden, die allgemein als „Kino der moralischen Unruhe“ bekannt wurde - Protestfilme, die eine pervertierte Realität anprangern. Die polnischen Cineasten der siebziger Jahre sind eine solidarische Gemeinschaft: Die älteren Kollegen greifen den jüngeren unter die Arme, von den Erfolgen der einen leben die anderen. - Nachdem sie sich einer immer radikaleren Zensur ausgesetzt sieht, geht diese Gruppe von Filmemachern einige Jahre später auseinander, in der Überzeugung, alles gezeigt zu haben, was innerhalb der bestehenden Grenzen möglich war. Den politischen Pessimisten Kieslowski beschäftigt zu diesem Zeitpunkt bereits eine andere Frage: Bei den Dreharbeiten zu „Die erste Liebe“ (1974) quält ihn das unangenehme Gefühl, den von ihm gefilmten jungen Vater seiner Trauer zu berauben, ihm sozusagen seine Tränen zu stehlen. Für Kieslowski ist dies der Anstoß zur Auseinandersetzung mit der Frage der ethischen Legitimität des Dokumentarfilms, der Darstellung der nackten Wirklichkeit frei von jeglicher künstlerischer Interpretation. - „Ich habe mit Dokumentarfilmen angefangen und es später wieder aufgegeben, weil jeder Dokumentarfilmer irgendwann an Grenzen stößt, die man nicht überschreiten darf, durch deren Verletzung man Gefahr läuft denjenigen, den man filmt, Unrecht zu tun. An diesem Punkt verspürt man das Bedürfnis, Spielfilme zu drehen. “ - Ein neues Thema wird nunmehr zum Dreh- und Angelpunkt der Filme Kieslowskis: Ging es ihm bisher darum, durch die filmische Abbildung der Realität der politischen Heuchelei die Maske herunter zu reißen, so widmet er sich jetzt der Verfremdung der Wirklichkeit durch Film und Bilder. Das Kino als Vermittler der Realität wird zum zentralen Thema seiner Filme, erstmals im 1979 gedrehten „Der Filmamateur“, dessen Kernfrage lauten könnte: „Was soll man filmen?“ Die Hauptfigur, ein Mann, der seine Leidenschaft für das Filmen entdeckt, verschmilzt nach und nach mit seiner Kamera, die sein einziges Blickfenster auf die Welt wird. Freiheit oder Gefangensein des Künstlers, hellseherische Verstandesschärfe – Themen, die Kieslowski durch die Verfremdung seiner Bilder mit Hilfe von Farben, Filtern und Blenden inszeniert, die den Blick auf die Wirklichkeit, auf das Leben erschweren, bis hin schließlich zur befreienden Konfrontation in „Rot“, dem letzten Teil seines Drei-Farben-Zyklus, der gleichzeitig sein letztes Regiewerk ist. „Immer öfter stelle ich fest, dass das Leben ganz anders ist als der Film. Und mir wird klar, dass ich anfange, an meinem Leben vorbei zu leben. Obwohl es doch das Einzige ist, was ich besitze.“ Kieslowski starb am 13. März 1996 im Alter von 54 Jahren. Textquelle: arte

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