Sieg der Körperfreuden
Ein deutsches Bewegungsmärchen
Ein Tanzstück von Dieter Heitkamp; Premiere am 28.06.1985
I. Mit dem Stück wollten die Beteiligten – denn ein großer Teil der Tanzfabrikmitglieder kam aus dem Sportstudium oder hatte zumindest Erfahrung in verschiedenen Turn- und Sportvereinen – ihre Sportbiographien verarbeiten. Im Programmheft sind diese daher im Detail aufgeführt.
Spiele allein – Spiele zu zwein – Spiele in der Gruppe
Es spielen:
Giro Kreuzberg
Herbert – Frank Deutschmann – Nr.9
Eddi – Helge Musial – Nr.6
Petra – Riki von Falken– Nr.11
TV Hören und Sehen Tiergarten
Gerda – Lotte Grohe – Nr.13 (in anderen Versionen und im Programmheft: Sabine Lemke)
Max – Roberto Galvan – Nr. 88 (in anderen Versionen und im Programmheft: Uwe Wenzel)
Ernst – Dieter Heitkamp – Nr.69
Gauturnwartin / Oberste Schiedsrichterin: Carmen – Claudia Feest
Szenen
Vorspiel
1. Spielhälfte
Sport Spiel Spannung
Wettlauf
Boxtrott (Helge Musial)
Am Barren
Prellen – Prellen – Prellen
Die Medause (Sabine Lemke)
2. Spielhälfte
Eincremeduett (Riki von Falken, Lotte Grohe)
Unterwasseradagio (Riki von Falken)
Die große Bodenübung
Am Schwebebalken (Dieter Heitkamp)
Blinde Ringer (Roberto Galvan, Frank Deutschmann, Claudia Feest)
Bodyb(u)ilder (Frank Deutschmann)
Frisch – Fromm – Fröhlich – Frei
Die Aufnahme
Nachspiel1
II. Das Stück beginnt mit dem letzten Teil des Aufbaus einzelner Gerätschaften. Die Zuschauer sitzen sich an beiden Enden des Raumes gegenüber, das Spielfeld befindet sich in der Mitte des Raumes. Helge Musial als Eddi eröffnet den Wettkampf, indem er am Schiedsrichterturm eine Kerze entzündet und die Schiedsrichterin begrüßt. Die Sportler*innen ziehen sich um und die beiden Parteien stehen sich gegenüber, während die anderen sich im üblichen Zeremoniell ergehen, kommt Helge Musial später hinzu – nackt, nur mit einem Handtuch vollzieht er Posen der eigenen Körperbewunderung.
Im Folgenden werden verschiedene Sportarten bzw. Mischformen derselben durchgespielt und dabei zunehmend verfremdet und ins Absurde getrieben, Spielregeln werden außer Kraft gesetzt, die Effizienz der jeweiligen Sportart wird invertiert, es wird gefoult und getäuscht. Zwischen sportlicher Bewegung, Technisierung, körperlichem Begehren und offenen sexuellen Anspielungen wird ein Panorama präsentiert, das Rollenmuster des Sports humorvoll, ironisch durchexerxiert.
Volkstümelnde Vereinsmusik wechselt mit Ravels Bolero. Ein konkurrierendes Duett von Riki von Falken und Lotte Grohe auf der umgedrehten Bank als Schwebebalken oder ein Solo von Riki auf dem Pferd, bei denen diese Turngeräte zweckentfremdet werden, wechselt mit Manschaftssportarten, die jedoch als einzelne kaum noch erkennbar sind. Nach der Pause ist der Raum mit einem Bodenbelag ähnlich wie bei Ringerrunden ausgelegt, der zugleich eine Zirkusatmophäre suggeriert. Das Spiel um Körperkult und Körperkulturen nähert sich mit den „Blinden Ringern“ und dem Bodybuilder-Solo von Herbert dem Höhepunkt. Immer wieder wird ironisierend die verein(heitlich)ende Kraft des Sportes gerühmt. Zu Queens „We are the Champions“ wird schließlich der Giro Kreuzberg als Sieger gekürt. Das Ganze entpuppt sich als abgekartetes Spiel, was den vorgesehehen Verlauf jedoch in seinem zackigen und zugleich steifen Zeremoniell der Siegerehrung nicht unterbricht.
Archivsignatur der Akademie der Künste: AVM-33 10011 (https://archiv.adk.de/objekt/2926494 )
1 Angaben im Programmheft; Tanzfabrik (Archiv: AnnA Stein)