Der Gehängte im Garten der Venus
I. Der Gehängte im Garten der Venus ist ein Tanzvideo von Lutz Gregor, Claudia Feest und Dieter Heitkamp. Die Premiere fand am 12.12.1988 in der Akademie der Künste in Berlin statt. In der Reihe Experiment wurde es am 14.10.1990 zum ersten Mal im Fernsehprogramm des WDR 3 gesendet.
Das Medium Film/Video wurde auf vielfältige Weise von den Mitwirkenden der Tanzfabrik genutzt. Neben Der Gehängte im Garten der Venus produzierte die Tanzfabrik Ende der 80er und zu Beginn der 90er Jahre mehrere Tanzfilme, einige davon, wie etwa Kontakt Triptychon von 1992, ebenfalls in Koproduktion mit dem Filmemacher Lutz Gregor. Außerdem dokumentierte Gregor verschiedene Tanzabende und Workshops der Tanzfabrik, so z.B. den Abend Tanz Akut von 1990. Abgesehen von den eigentlichen Tanzfilmen fanden zunehmend multimediale Ansätze wie Projektionen und Filmausschnitte Eingang in die Aufführungen der Tanzfabrik.
II. Idee, Buch und Regie von Der Gehängte im Garten der Venus wurden von Feest, Gregor und Heitkamp gemeinsam entwickelt. Kamera und Schnitt führte Gregor aus, während Feest und Heitkamp choreographierten und tanzten. Die Künstler*innen kündigen das Video wie folgt an: „Ein gelangweiltes Kaiserpaar (Heitkamp und Feest) ruft den Hofnarren (Heitkamp) zu seiner Belustigung herbei. Doch der schafft sich sein eigenes Vergnügen, indem er ihre Welt auf den Kopf stellt. Mit den Herrschaften gerät auch die Herrschaft ins Wanken. Ein Reigen archaischer Kämpfe auf gesplittertem Glas, ein Spiel mit dem Eros phantastischer Körper, die, mehrfach gebrochen oder verdoppelt durch Spiegeleffekte, verzückt ineinander geraten.“ 1
Die groteske, detailreiche filmische Inszenierung schafft mit starken Nahaufnahmen, dem Spiel mit Perspektiven und Videoeffekten, wie Bildspiegelungen, Bilddrehungen oder Zeitlupe, eine skurrile und sinnliche Atmosphäre von eigenem Rhythmus und Klang. Unterschiedliche musikalische Einspielungen und elektronische Klänge vermischen sich mit Geräuschen von Bewegungen über Scherben und Metall. So eröffnet das filmische Medium in diesem Stück einen eigenen Zugang zu Tanz und Choreographie, indem es die Betrachter*innen mit auf die Reise einer anderen Wahrnehmung nimmt. Ein verlassenes Fabrikgelände zu sommerlicher Jahreszeit wird zu einem verwunschenen Ort, an dem Innen- und Außenraum ineinander übergehen. Alles ist in Transformation begriffen, innerhalb derer die Grenzen der Genres sich auflösen: zwei Fahrradlenker werden zu gewundenen Hörnern, mit denen sich Narr und Kaiserin im kämpferisch-leidenschaftlichen Kräftemessen ineinander verhaken. In einer anderen Szene gehen die Abbilder der vielfach gespiegelten nackten Körper der Tänzer ineinander über und vereinigen sich zu einem polymorphen neuen Körper. An anderer Stelle sind es im Staub liegende schwarze Platten, die unter den Schritten der beiden Tänzer zu einer Schachpartie werden, bei der die Dame den König an die Wand spielt.
1Gregor, Lutz: „Der Gehängte im Garten der Venus“. In: Webseite des Filmemachers. http://www.lutz-gregor.com/film/der-gehangte-im-garten-der-venus/
(abgerufen am 30.September 2017).
Archivsignatur der Akademie der Künste: AVM-33 10028 (https://archiv.adk.de/objekt/2926569)