Das Stück Lazarus Sign ist ein Abend über den Blues, einen Blues den man singt, den man hat oder den man tanzt. In einem der bekanntesten Traditionals der Bluesgeschichte heißt es:
„Ain’t no grave can hold my body down. When the first trumpet sound, I’ll be gettin’ up, walkin’ round. Ain’t no grave can hold my body down.”
Das hier zitierte Motiv der Auferstehung durchzieht die Geschichte des Blues von Anbeginn an. Texte wie dieser finden sich zuhauf in allen möglichen Varianten. Ob es nun heißt „See that my grave is kept clean“ oder schlicht „Poor Lazarus“ Der Gott der einen verlassen hat rückt in weite Ferne aber das Schicksal und dessen Schläge sind real und werden im Blues unmittelbar verarbeitet. Die Auferstehungs- und Todesdramatik reicht dabei von den Trauerzügen in New Orleans bis zum Voodookult. Der Blues preist nicht wie der Gospel den Herrn, im Gegenteil im Blues zweifelt, klagt und trauert man.
Die Lazarus Thematik findet sich nun in einem anderen Bereich des heutigen Lebens wieder. Der Begriff Lazarus Zeichen bezeichnet sehr spezielle Bewegungen eines Menschen. Genau genommen sind es die Bewegungen eines Toten. Tod ist man nach der neuen, dem wissenschaftlichen Fortschritt angepassten Definition heutzutage nicht mehr mit dem Herz ' oder Atemstillstand, der ja durch Beatmung und Reanimierung herausgezögert werden kann, sondern bei irreversibler Schädigung des Gehirns, dem Hirntod. Ein Grossteil dieser Toten neigt nun dazu sich zu bewegen, teilweise mit durchaus komplexen Bewegungsabläufen. Laut medizinischer Analyse handelt es sich um spinale Reflexbögen die ohne Hirn auskommen wobei es einer gewissen Abstraktion bedarf sich das vorzustellen wenn ein Toter, der vollkommen warm und durchblutet ist einem die Hand drückt oder umarmt. Diese paradoxe Situation brachte diesem Phänomen wohl den Namen Lazarus ein, wird man doch zwangsläufig an das Motiv der Auferstehung erinnert.
Der Grundansatz dieses Stückes wendet nun dieses Phänomen in eine Metapher: Die Lazarus Zeichen sind der Blues des Körpers befreit von der kognitiven Dominanz. Denn diese, ver-körpert durch das Gehirn, erklärt sich selbst zum alles entscheidenden Maß des Lebens und eröffnet zwischen Tod und Leben ein Niemandsland, eine Zone der Unbestimmtheit in der die Wörter Leben und Tod ihre Bedeutung verloren haben.
Website Christoph Winkler