1827: Schubert komponiert die „Winterreise“. Ungewollter Abschluss seines kurzen Lebens mit über 600 Lied-Titeln. Letzter geballter Ausdrucksversuch des romantischen Ich, das in Schnee & Eis die Einsamkeit & den Tod sucht. Aus verlorener Liebe angeblich.
1942/43: Hans Hotter, berühmter Heldenbariton, steht in der Reichshauptstadt Berlin vorm Mikro. Er singt die „Winterreise“. Für Heimat & Front.
In Stalingrad graben sich 300.000 deutsche Soldaten ins Ufer der Wolga ein. Um zu morden & zu krepieren. Jeder seine eigene black box von Bildern & Taten. Am 31. Januar kapituliert der Generalfeldmarschall. An Schuberts Geburtstag. Die unendliche Sehnsucht des romantischen Subjekts hat auf unheimliche Weise ihre kollektive Erfüllung gefunden. In den weißen Weiten der Fremde. In kalten & verbrannten Körpern. Nachdem WINTERREISEN I im März für 24 Stunden Gefühls- & Materialforschung im Matratzen-Discount beim Anhalter Bahnhof betrieben hat, kommt mit WINTERREISEN II die Arbeit von Reulecke/matthaei&konsorten nun im Theater an, der alten Maschinerie gesellschaftlicher Verhandlung. (Quelle: HAU-Archiv)
Ebenfalls verfügbar: Aufzeichnung in der Totale (Masterarchiv).
Marie Goeminne, Clint Lutes, Friederike Plafki, Ingo Reulecke, Mata Sakka, Tony Vezich