Im Jahr 2009 wurde nicht nur der 60. Geburtstag der Bundesrepublik Deutschland gefeiert, sondern auch das 20. Jubiläum des Mauerfalls in einer Republik blühender Landschaften. Ein guter Zeitpunkt um einen Blick auf die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Politik in der deutschen Geschichte des 20.Jahrhunderts zu werfen. Wer eignete sich dafür besser als der legendäre Unternehmer Friedrich Flick?
Es gelang ihm, den Zusammenbruch zweier Systeme zu überstehen, das Ende der Weimarer Republik und die Zerschlagung des NS-Systems, und in der neugegründeten Bundesrepublik als verurteilter NS-Kriegsverbrecher seinen Konzern wiederaufzubauen. Als er 1972 starb, hatte er insgesamt 330 Firmenbeteiligungen und hinterließ den größten Einzelkonzern innerhalb Europas mit mehr als 200 000 Angestellten. Eine beachtliche Leistung für einen Mann, der 1915 in den Vorstand der Siegerländer Charlottenhütte eintrat und seinen wirtschaftlichen Aufstieg als Kleinaktionär begann.
Flick war ein damals neuer Typus von Unternehmer, ein Großaktionär, der Firmenanteile ohne Zögern erwarb und ebenso schnell wieder verkaufte. Er mehrte sein Vermögen durch kluges Aktionärsverhalten, indem er unternehmerische Risiken staatlicherseits absicherte, sich mit öffentlichem Geld aus finanziellen Notlagen befreite und Expansionsmöglichkeiten wie sie Rüstungs- und Rassenpolitik boten entschlossen nutzte.
“Die deutsche Wirtschaftsgeschichte kennt nur wenige Namen, die unserem sozialen und wirtschaftlichen Leben seit der Jahrhundertwende, so unverkennbar ihren arteigenen Stempel aufgedrückt haben, wie es Friedrich Flick in nimmermüdem Fleiß und schöpferischer Kraft zu vollbringen vergönnt war.”, bemerkte Ludwig Erhard auf der offiziellen Trauerfeier für den verstorbenen Flick. 1985 wurde der Konzern aufgelöst und der Name machte nur noch im Zuge der Parteispendenaffäre und der schönen Formulierung von der “Pflege der Bonner Landschaft” oder im Rahmen von Ausstellungsvorhaben wie der Flick Collection im Hamburger Bahnhof von sich reden.
In der Geschichte des Hauses Flick kommen viele Themen zusammen, Auf- und Abstieg eines Industriellen, die Grauzone der Verbindung von Wirtschaft und Politik, spektakuläre feindliche Firmenübernahmen im Zuge der Arisierung, Gewinnmaximierung durch Einsatz von Zwangsarbeitern und das Feld der Kunst als Bereich von strategischem Image Placement. Der Historiker Kim Christian Priemel bezeichnet Flicks Methode als einen systematisch kalkulierbaren “Systemopportunismus”.
Hans-Werner Kroesinger, der mit seiner letzten Arbeit am HAU, “Ruanda Revisited”, zum Impulse-Festival 2009 eingeladen wurde, erzählt mit “CAPITAL politics” eine exemplarische Geschichte.
(Quelle: kulturkurier.de)
Judica Albrecht, Armin Dallapiccola, Ana Kerezovic, Gotthard Lange, Lajos Talamonti