INTERNATIONALES THEATERINSTITUT / MIME CENTRUM BERLIN

MEDIATHEK

FÜR TANZ

UND THEATER

MCB-SV-6908

Jedermann. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes

Autorenschaft
Beschreibung

Hugo von Hofmannsthal, der mit seinem Brief des Lord Chandos ein Manifest der Moderne geschrieben hat, wusste, warum er sich das Gewand eines mittelalterlichen Mysterienspiels borgte: In seiner und unserer Sprache, der Sprache der Skepsis, der Ironie, des Misstrauens in das Sprechen überhaupt, hätte er sein Thema nicht behandeln können: das der Endlichkeit unseres Lebens und das der Nichtigkeit unseres irdischen Besitzes. Und die daraus zwingend sich ergebende Frage nach Gott. Die christlich-katholische Ausrichtung des Werkes, die einen Gutteil des Unbehagens mit ihm ausmacht, muss dabei heute nicht mehr als theatralische Manifestation eines übermächtigen Kirchenstaates begriffen werden. Sehr wohl aber können wir uns, gerade durch die historische Distanz, die Hofmannsthal seinem Jedermann verordnet hat, abgleichend befragen, in welchem Zusammenhang wir Heutigen unsere „Werke“ betrachten. Aus welchen Überlegungen heraus wir unsere Ethik, unsere Moral ableiten. Durch welche Vorstellungen wir Tröstung und Hoffnung erfahren.

Vielleicht will der Jedermann weniger den Glauben anmahnen als seinen Verlust verdeutlichen. Weniger die vermeintlichen Sicherheiten der Kirche feiern als unsere moderne Unsicherheit beleuchten. Weniger christliche Demut fordern als mangelndes Misstrauen in unsere Selbstermächtigung beklagen. Weniger ein Jenseits in Aussicht stellen als einen leeren Himmel betrauern.

Die mittelalterlichen Mysterienspiele wurden von fahrenden Schauspielern auf Jahrmärkten dargeboten. Ihr frommer Inhalt war zugleich Vorwand für deftiges Theater. Die emblematischen Figuren boten reichlich Gelegenheit für pralle Darstellung des Lebens, und die subversiven und anarchischen Kräfte des Theaters obsiegten vermutlich über die Anliegen der Obrigkeit.

Arthur Kahane, der Dramaturg Max Reinhardts, bemerkte einmal, Theater zu machen sei so, als ob man das Allerheiligste einer Hure anvertraue. Allerdings betonte er, dass diese Mesalliance enorme Vorteile für beide Partner biete. Der Dramatiker Hofmannsthal hat sich mit diesem Thema mehr als einmal beschäftigt, ebenso Reinhardt. Die Sinnlichkeit des Spiels mit dem geistigen Auftrag der Literatur zu verbinden war ihr Anspruch. Nicht um der einen oder dem anderen zum Sieg zu verhelfen, sondern um die Gleichberechtigung beider Antagonisten im Verbund nachzuweisen. Der Jedermann ist eine Spielvorlage, die dieses Anliegen exemplarisch abbildet. Nicht umsonst fesselt er in Salzburg seit über neunzig Jahren sein Publikum.


/ BESETZUNG & CREDITS /

Regie: Julian Crouch und Brian Mertes

Bühne: Julian Crouch

Kostüme: Olivera Gajic

Musikalische Leitung, Orchestrierung: Martin Lowe

Dramaturgie: David Tushingham

Choreographie: Jesse J. Perez

Lichtdesign: Dan Scully

Sounddesign: Matt McKenzie für Autograph

Festival: Salzburger Festspiele 2013


Mit: Cornelius Obonya, Brigitte Hobmeier, Peter Lohmeyer, Simon Schwarz, Sarah Viktoria Frick, Hans Peter Hallwachs, Jürgen Tarrach, Julia Gschnitzer, Patrick Güldenberg, Hannes Flaschberger, Stephan Kreiss, Fritz Egger, Katharina Stemberger, Johannes Silberschneider, Sigrid Maria Schnückel, Florentina Rucker und Tamzin Griffin, Doris Kirschhofer, Saskia Lane, Chad Lynch, Orlando Pabotoy, Jesse J. Perez, Penelope Scheidler, Robert Thirtle.


Cornelius Obonya – Jedermann

Brigitte Hobmeier – Buhlschaft

Peter Lohmeyer – Tod

Simon Scharz – Teufel

Sarah Viktoria Frick – Gute Werde

Hans Peter Hallwachs – Der Glaube

Florentina Rucker – Gott

Jürgen Tarrach – Mammon

Julia Gschnitzer – Jedermanns Mutter

Patrick Güldenberg – Jedermanns guter Gesell

Hannes Flaschberger – Dicker Vetter

Stephan Kreiss – Dünner Vetter

Fritz Egger – Ein Schuldknecht

Katharina Stemberger – Des Schuldknechts Weib

Johannes Silberschneider – Armer Nachbar

Sigrid Maria Schnückel – Der Koch


[csm/msb] https://archive.salzburgerfestspiele.at/archivdetail/programid/4754/id/0/j/2013 [24.04.2020]

Regie
Choreographie
Dramaturgie
Darsteller
Bühnenbild
Kostüm
Musik
Licht
Standorte
MCB
Aufnahmedatum
Sonntag, 30. Juni 2013
Orte
Stadt
Salzburg
Land
Österreich
Kamera
Wolfgang Hirschl, Michael Grössler, Thomas Hirsch, Harald Kerck, Alexander Rühmkorf, Harald Simbürger, Alexander Stangl, Joe Malina, Gerald Egelseer, Gabriele Hanke, Franz Schwaighofer, Max Meissl
Länge
124 min