Five Studies on Post-Colonialism
Study 1: Can Asians Dance? – Or 7 Differences Between Classical Chinese Dance and Ballet
Der Titel dieser Studie bezieht sich auf eine Essaysammlung von Kishore Mahbubani, einem wichtigen Theoretiker der postkolonialen Bewegung. Darin beschäftigt er sich mit dem Wiedererstarken Asiens auf politischer und ökonomischer Ebene und dessen Bedeutung für den Westen. Der chinesische Tänzer Naishi Wang nimmt sich der Frage an, warum sich die Entwicklung vieler asiatischer Staaten im Laufe der Geschichte deutlich von der europäischer Staaten unterschied. Diese Auseinandersetzung kontrastiert er mit seiner Entwicklung als Tänzer. Ausgebildet in Kung-Fu und chinesischer Folklore begann er seinen Stil in Richtung zeitgenössischer Tanz zu erweitern. Mittlerweile bewegt er sich frei in beiden Genres und arbeitet für viele internationale Tanzkompagnien. Doch nie kann er beide Genres verbinden. In Can Asians Think versucht er deshalb noch einmal beide Tanzkulturen – das traditionell chinesische und das zeitgenössische – gegenüber zu stellen, um in der Herausstellung formaler Unterschiede das Gemeinsame zu suchen.
// CAST //
KONZEPT, CHOREOGRAFIE: Christoph Winkler
TANZ, CHOREOGRAFIE: Naishi Wang
AUSSTATTUNG: Lena Mody, Valentina Primavera
TECHNISCHE LEITUNG: Martin Pilz
PRODUKTIONSDRAMATURGIE: ehrliche arbeit – freies Kulturbüro
// Five Studies on Post-Colonialism //
Die kolonialen Tragödien der letzten Jahrhunderte, ausgelöst von einem imperialen Europa, sind wohlbekannt und gerade von Achille Mbembe in Die Kritik der schwarzen Vernunft wieder erzählt worden. Die Effekte des Postkolonialismus hingegen sind oft nicht auf den ersten Blick erkennbar. Sie sind vielschichtiger und erfassen Kultur genauso wie ökonomische Realitäten. Und sie wirken in beide Richtungen. Doch auch hier geht es um Dominanz und Privilegien in unterschiedlichen Einflusssphären – so auch im zeitgenössischen Tanz. Ein Großteil der Techniken, Stile und Praktiken, die in Europa und den USA der 1960er Jahre entwickelt wurden, dominieren heute das, was wir ganz selbstverständlich „Zeitgenössischer Tanz“ nennen. Die heutige Praxis vieler Tänzer_innen wird informiert durch Kategorien wie „Vertrauen“, „Verantwortung“ oder „Emanzipation“. Sie findet statt in einer Arbeitsstruktur die sich an Hierarchien abarbeitet und kollektive Dynamiken favorisiert. Deren Grundlage ist jedoch eine künstlerische Praxis, die auf einem „weißen“ Erfahrungshintergrund basiert (anders als etwa der urbane Tanz). Das ist nicht anders für viele der nichtdeutschen Tänzer_innen, mit denen ich zusammenarbeite und die oft aus ehemaligen Kolonien kommen oder über ihre Familien dahin verbunden sind. Zeitgenössischer Tanz ist die Referenz, aber oft findet dessen Appropriation ihren Ausdruck in einer Körperlichkeit, die sich ihrer Quellen nicht bewusst ist oder selten hinterfragt wird. Dies gilt in gleichem Maße für den eigenen Ansatz oder die Sicht auf das, was ein für uns zeitgenössisches Tanzstück ausmacht. Nach vielen Diskussionen mit außereuropäischen Tänzer_innen und Choreograf_ innen werden in den nächsten Jahren unter dem Titel Studies on Post- Colonialism eine Serie von Stücken erarbeitet, die sich in unterschiedlichster Form mit dieser Thematik beschäftigen. Geplant ist ein Format, das kleinere Arbeiten thematisch an einem Abend verbindet. Dies ermöglicht unterschiedliche Kombinationen der Stücke ohne den Zwang einer abschließenden, finalisierenden Version. Jede der einzelnen Arbeiten ist als Kollaboration zwischen mir und den darstellenden Künstler_innen ausgelegt.
// PRODUKTION //
Ein Projekt von Christoph Winkler und ehrliche arbeit – freies Kulturbüro in Koproduktion mit SOPHIENSÆLE und monsun.theater Hamburg.
Gefördert aus Mitteln des Regierenden Bürgermeisters von Berlin – Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten sowie durch das Nationale Performance Netz (NPN) Koproduktionsförderung Tanz aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags.
[msb]
http://tanzforumberlin.de/999.php