Trailer (5 min 30) und Komplettaufzeichnung der Premierenvorstellung von BlackMirrorSolo in Düsseldorf 2008.
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The new solo of Katja F.M. wolf vibrates in its form as performative installation with video projections between playful and magic moments. The artist brings up for discussion the function of pictures on the basis her own image ' spatial images, body pictures, mirror images, reflecting pictures. With the reduced means of a video projector and a mirror in a dark space the choreographer faces the challenges of the concentrated form of Solo: the meeting with oneself, with the own, the stranger and the other Egos. The movement towards oneself becomes here the crossing into another, strange world of oscillating attraction. The body appears as landscape, which contains again the body. The public watches the performer, as she watches herself, and becomes thereby even part of the unsteadily swaying interrelation of subject and object, put on here.
Consolidating the simultaneity of different points of view in the performance, unexpectedly a kind of publicly dreamed selfportrait unfolds. A piece of live-art produced by easy hand develops a persuasive suction. The choreographer moves in a soundscape of the flemish composer Esther Venrooy, in which musical fields and spoken word interweave like architectural elements in a complex picture landscape which media artist Christian Hiller cares for.
Drafted directly after »View from nowhere« (premièred in March 2007 at FFT) in the context of the collaboration workshop m&de@dartington, BlackMirrorSolo originated in 2007 in connection with the series "Improbable Scenarios", in which the Wolf deals with the phenomena of perception and examines reciprocal effects of consciousness and movement for poetic and performative approaches. Following the performances the artists give insights into the emergence and implications of this piece in a live-talk.
// DE //
In dieser zwischen spielerisch dekonstruktivistischen und transparent magischen Momenten schwebenden Arbeit thematisiert die Choreographin anhand ihres eigenen Abbilds die Funktion der BILDER – Raumbilder, Körperbilder, Spiegelbilder, reflektierende Bilder. Der Körper erscheint als Landschaft, die wiederum den Körper enthält. Die Zuschauer werden in dem Bild wiedergegeben, das sie als Zuschauer gestalten. Das Publikum sieht der Tänzerin zu, wie sie sich zusieht, und wird dabei selbst zum Teil des Bildes. In der hier angelegten unstet flirrenden Wechselbeziehung von Subjekt und Objekt entfaltet sich unversehens eine Art öffentlich geträumtes Selbstporträt, das die Gleichzeitigkeit von verschiedenen Blickwinkeln in der Performance verdichtet. In von leichter Hand inszenierter Bildersprache lädt die Tänzerin das Publikum ein, die fluktuierenden Grenzen in dem Projektionsraum "Ich" am eigenen Leib zu erspüren.
Mit den reduzierten Mitteln eines Lichtwerfers in einem Raum mit Spiegel stellt sich die Choreographin der konzentrierten Situation und Form des Solos: der Begegnung mit sich selbst, mit dem eigenen, dem fremden und den anderen Ichs. Für das Ausloten der Soloform als Spiegel und Spielfläche der Selbstbetrachtung entwickelt die flämische Komponistin Esther Venrooy einen dichten, suggestiven Klangraum, in dem musikalische Themen und gesprochenes Wort wie architektonische Elemente in der geschlossenen Bildebene stehen. Der Raum und die Videoarbeit wird von dem Berliner Medienkünstler Christian Hiller betreut.
BlackMirrorSolo entsteht im Zusammenhang mit der Serie "Unwahrscheinliche Szenarien", in der sich die Choreographin mit den Phänomenen der Wahrnehmung auseinandersetzt und die Wechselwirkungen von Bewußtsein und Bewegung untersucht.
// Credits //
Konzept, Regie, Text, Performance: Katja F.M. Wolf
Video, Raum, Produktionsleitung: Christian Hiller
Musik: Esther Venrooy
Dramaturgie Coach: Bettina Tornau
Spieltermine
Work-in-progress Showing: 7. und 8. November 2007
18. März 2008 (Premiere)
sowie 20. / 27. /28. /29. März 2008
jeweils um 20 Uhr
Publikumsgespräche im Anschluß an alle Vorstellungen
Spielort
Forum Freies Theater
Kammerspiele
Jahnstr. 3
40215 Düsseldorf
Produktion
Katja F.M. Wolf
Koproduktion
Forum Freies Theater Düsseldorf
Gefördert von
Ministerpräsident des Landes NRW und Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf
Mit freundlicher Unterstützung von
m&de@dartington 2007, MIME-Centrum Berlin und der Firma Seco-Sign GmbH
// Presse //
_ Die tolle Oberfläche des schwarzen Spiegels _
Kinder kennen und lieben das: Große Wolldecken über Tische und Stühle werfen und sich so eine sichere, schummrige Höhle bauen. Ein solches Refugium gibt es auch beim Tanztheater “BlackMirrorSolo”, das am Dienstag in den FFT Kammerspielen uraufgeführt wurde. Katja F.M. Wolf (Choreographie und Regie), Christian Hiller (Technik), Esther Venrooy (Musik) und Bettina Tornau (Dramaturgie) bieten den Zuschauern, die auf Kissen mitten auf der abgedunkelten Bühne sitzen, einen ungewöhnlichen Mix aus Tanzperformance und moderner Technik. Mit Hilfe von Kameras, einem Projektor und einem riesigen Spiegel – ein im SpotLight funkelndes Triptychon – schafft das Ensemble Bilder von zum Teil eindringlicher Schönheit. So etwa wenn Katja F.M. Wolf ihr eigenes Antlitz als Film-Sequenz auf ihr Gesicht aus Fleisch und Blut werfen lässt, dazwischen nur ein dünnes Blatt Papier, das damit zur modellierbaren Maske des digitalen Zeitalters wird. Oder wenn die Tänzerin, begleitet vom Elektro-Sound der Niederländerin Venrooy, sich selbst im Spiegel filmt und so mehrfach im dunklen Raum erscheint. Oder wenn sie mit einem Handspiegel grünes Licht einfängt, dass die Szenerie an Fantasy-Abenteuer nach Tolkien-Art erinnert.
BlackMirrorSolo ist (...) ein künstlerisch wie technisch (...) toll gemachter Abend (...).
Westdeutsche Zeitung, Daniel Boss, 20. 03. 2008
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_ Und wer bist Du? _
Alles ist erstmal schwarz. Auf die Anweisung „Einmal auf die Bühne!“ hin hat, wer in Kürze Publikum sein wird, den Zuschauerraum hinter sich gelassen, ein paar Stufen genommen und findet sich in einem dunklen Raum, wo sonst Darsteller im Rampenlicht stehen. Was die Bühne werden könnte, wird von der Dunkelheit verschluckt. Der erste Teil der Titel-Trias
„BlackMirrorSolo“ zu Katja F.M. Wolfs neuester Performance wurde bei der Premiere am Dienstag in den FFT Kammerspielen bereits plastisch, bevor die Künstlerin auf den Plan trat. Die ließ nicht lange auf sich warten, schälte sich aus der Dunkelheit, gab Fragmente ihres Körpers in einem Lichtkegel den Zuschaueraugen preis. Gerade an die Dunkelheit gewöhnt und plötzlich mit dem hellen Licht konfrontiert, glauben die zunächst an eine optische Täuschung, als aus dem Scheinwerferlicht eine zweite Figur tritt. Oder die gleiche? Ich ist eine Andere. Die Performerin geht auf Tuchfühlung mit dieser Fremden, die sie selbst ist und doch gleichzeitig Spielgefährtin, Liebhaberin und Konkurrentin. Videoprojektionen (Christian Hiller) konfrontieren sie mal mit ihrem Ebenbild, mal zeigen sie abstrakte Szenen in einer Klangkulisse der niederländischen Komponistin Esther Venrooy. Die Tänzerin trifft auf die Projektion ihrer selbst und findet sich in einem Dilemma: Je näher sie sich kommt, desto unmöglicher wird die Begegnung. Wo sich der Körper mit der Projektion vereinigt, wirft er seinen Schatten auf das Abbild und wird selbst zur Projektionsfläche. Wenn die Leinwand zum Wandspiegel aufschwingt, erhält der Taumel aus Licht und Schatten, Projektion und Reflexion eine weitere Dimension. Der dunkle Raum verwandelt sich in ein Kaleidoskop, lässt auf Wänden, Decke, Boden wundersame Welten entstehen. Die Frage nach dem Wo beantwortet er nicht, bietet aber zahlreiche Assoziationen: Platons Höhle, in der die Gefesselten in der Dunkelheit die Schatten der Dinge für Wirklichkeit halten. Oder etwas optimistischer: ein dunkler Tunnel und am Ende ein helles Licht. Selbsterkenntnis? Dreh- und Angelpunkt bleibt Wolfs Meditation über sich selbst. Ein Schelm, wer die Gedanken weiter schweifen lässt und beim antiken Narziss landet, der so beschäftigt war mit sich und seinem Abbild in der spiegelnden Wasseroberfläche, dass die Welt um ihn herum zur Nebensache wurde.
Am Ende steht die Frage „Und wer bist dann du?“ Sie muss unbeantwortet bleiben. (...)
Neue Rhein Zeitung, Katja Grawinkel, 20. 03. 2008
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_ Facettenreiches Spiel: »BlackMirrorSolo«
Besprechung der Voraufführung 6./7.11.2007 _
Der Zuschauerraum mit Bühne gleicht einer großen schwarzen Box.
Eine im Dunkeln nur schemenhaft zu erkennende Person betritt den Raum. Sie setzt sich auf den Boden vor einen kleinen Kasten und schaltet ihn ein. Heraus kommt ein Lichtstrahl, den sie mit Hilfe eines Spiegels an die Wände umlenkt. Die Zuschauer verfolgen ihr Spiel und bemerken plötzlich, dass eine Gestalt aus der Wand heraus zu kommen scheint. Die Choreografin Katja F.M. Wolf präsentierte im Forum Freies Theater die Voraufführung ihrer neuen Produktion »BlackMirrorSolo«. Die Premiere des fertigen Stücks wird erst 2008 zu sehen sein. Vorab war es ihr wichtig, einen Eindruck von der Wirkung ihrer bisherigen Arbeitsergebnisse zu erhalten. Wolf thematisiert in »BlackMirrorSolo« wie bereits in ihrer letzten Produktion »Blick von nirgendwo« Phänomene der Wahrnehmung. Ging es in »Blick von nirgendwo« noch um verschiedene Blickwinkel auf ein Ereignis, beschäftigt sie sich nun mit der Wahrnehmung der eigenen Person. Wer ist die Frau, die mich im Spiegel ansieht? Wieviele Facetten gibt es von meiner Persönlichkeit? Und was ist der Kern, der mich im Innersten zusammenhält? Auf der Bühne entfaltet Wolf dafür ein facettenreiches Spiel: gefilmte Abbilder ihrer Person treffen auf die reale Person; ihr Spiegelbild spiegelt sich bis ins Unendliche; ihr eigener Schatten läuft davon. Und doch bleibt immer die Frage: Wer bin ich? Die Grundidee für das Stück entwickelte die Choreografin während eines Workshops im Austausch verschiedener Sparten. Dort lernte sie auch die Klangkünstlerin Esther Venrooy kennen, die daraufhin die dichte und sphärische Musik des Stücks komponierte. Später holte sie sich für die Entwicklung des Bewegungsmaterials ihre Kollegin Bettina Tornau hinzu. Der Medienkünstler Christian Hiller sorgt für die technische Realisation der Videosequenzen. Auf die endgültige Fassung dieses kollektiven Solos darf man auf jeden Fall sehr gespannt sein.
Rheinische Post, Stephanie Becker, 9. 11. 2008