Friedrich Schiller war Bettnässer, drogenabhängig und hatte Tuberkulo-
se. Die meisten Werke des großen Nationaldichters sind einem gebro-
chenen Körper abgetrotzt, die großen Dramen das Ergebnis intensiver Dro-
genzufuhr. Schiller wusste:
„Jede Überspannung von Geistestätigkeit hat jederzeit eine überspannung
gewisser körperlicher Aktionen zur Folge.“
Das schrieb er bereits 1780 in seiner medizinischen Abschlussarbeit über
den Zusammenhang der tierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen. Schillers besonderes Interesse galt zeitlebens den körperlich Versehrten, den auffälligen Physiognomien und den auch physisch gebrochenen Figuren.
„Der Mensch mußte am Staube kriechen, eh er den Newtonschen Flug durchs Universum wagte. Der Körper also der erste Sporn zur Thätigkeit; Sinnlichkeit die erste Leiter zur Vollkommenheit?“ schreibt Schiller.
Der Berliner Tänzer und Choreograph Martin Nachbar nimmt ihn beim
Wort und fragt, was wir von Schiller lernen können über das Scheitern, das
Gebrechen, den Zerfall. Besser Leiden mit Schiller! Klassisch Kränkeln!
Ausgehend von Schillers Doktorarbeit untersucht Nachbar die theatralen
Möglichkeiten des körperlichen Scheiterns für die Bühne. Er geht in seinem Solo der Frage nach, wie ein gebrochener Körper choreographiert werden kann und was man dabei von Friedrich Schiller über den Zusammenhang
von Wollen und Können lernen kann.
Es geht also um das, was bei Schiller hinter der Perfektion des Werkes
scheinbar verschwindet und doch immer anwesend ist: das Unfertige, das
Gebrochene, das Fehlerhafte. Gemeinsam mit dem Komponisten Boris Hauf
wird Martin Nachbar auf der Bühne tanzen, scratchen, sich verkleiden und
zerbrechen.
MartinNachbar, Boris Hauf