„Erst als ich über die Schwelle getreten bin, merke ich, dass sich die Dinge verändert haben.“
Rachel Cusk, „Lebenswerk“
In ihrem Solo „Ins Weite / Far Out“ untersucht die Choreographin Claudia Garbe Entwürfe von Weiblichkeit, Rollenklischees und eigentliche Körperlichkeit. Lustvoll erprobt, verwirft und skizziert sie verschiedene Körperbilder, Klänge und Stimmungen. Die Kontinuität des Stücks bildet die Arbeit mit Atem und Stimme. Die Dramaturgie des Stücks basiert auf der Konstruktion und Dekonstruktion des Schlaflieds „Guten Abend, Gute Nacht“ von Johannes Brahms.
Im Mittelpunkt des Stücks steht ein Umbruch. Beginnend mit einer körperbasierten und rhythmischen Untersuchung von Atmung und Stimme, experimentiert die Performerin im zweiten Teil mit verschiedenen (weiblichen) Figuren und Rollen. Es tauchen Requisiten als Erweiterung des Körpers auf, wie Perücke und hochhackige Schuhe, die sich später zur Bühnenlandschaft transformieren.
Das Solo stellt den körperlichen Zustand, in dem Atmung und Klang zur Verlängerung des Körpers werden, einem nach außen gerichteten Körper gegenüber, der mit der Konstruktion von Weiblichkeit spielt durch Verkleidungen, Sprache, Interaktion und Bewegung. Das Schlaflied wird dabei zum Mittler zwischen beiden Teilen.
Das 50 minütige Solo entstand aus der eigenen Erfahrung des Umbruchs vom Nichtmuttersein zum Muttersein und ist auch mit der Erfahrung des Werdens verbunden: Identität entsteht immer auch aus einem aktiven Dialog zwischen Selbstinterpretationen und äußeren Zuschreibungen.
Die verwendeten Texte stammen von Rainer Maria Rilke (8. Duineser Elegie) und von Claudia Garbe.
Guten Abend, Gute Nacht / Schlaflied
Text: traditionell (hochdeutsche Fassung Clemens Brentano), Musik: Johannes Brahms
Guten Abend, gut‘ Nacht
Mit Rosen bedacht
Mit Näglein besteckt
Schlüpf unter die Deck‘
Morgen früh, wenn Gott will
Wirst du wieder geweckt
Morgen früh, wenn Gott will
Wirst du wieder geweckt
// Credits //
Choreographie/ Performance: Claudia Garbe
Dramaturgie: Anja Spitzer
Out Side Eye: Lotta Beckers
Licht/ Kostüm: Ingolf Watzlaw
Sound: Vera Pulido
Mit freundlicher Unterstützung vom Theaterhaus Mitte, Tanzfabrik Berlin, Uferstudios und Tanzraum Wedding
// AutorIn //
Claudia Garbe wurde in Dresden geboren und arbeitet als Choreographin und Performerin in Berlin und anderen Orten. Für Residenzen und Aufführungen wurde sie mit ihren Arbeiten nach Sydney, Ahrenshoop, Tschelabinsk und Ekaterinenburg, Hamburg, Dresden und Chemnitz eingeladen. 2012 erhielt sie die Einstiegsförderung des Berliner Senats und 2013 ein DanceWeb Stipendium für Impulstanz in Wien. Sie studierte an der Universität Hildesheim und in Wologda Kulturwissenschaft und ästhetische Praxis und am HZT in Berlin Choreografie (MA). Sie ist Mitgründerin des Künstler*innenkollektivs possible.movement.