Eine Doku-Tanz-Performance über den Uranabbau und sein Nachstrahlen in Landschaft und Gesellschaft.
Unter strengster Geheimhaltung baute die SDAG Wismut 44 Jahre lang im sächsischen Erzgebirge Uran für den Bau der sowjetischen Atombombe ab. Arbeiter_innen wurden angesiedelt, Ortschaften umgewälzt und Landschaften vergiftet. Drei Jahrzehnte später ist vom Bergbau nicht mehr viel zu sehen, doch die Geschichte strahlt in der Gesellschaft und in den individuellen Körpern nach. Der nukleare Bewegungschor lädt das Publikum ein, ihm in ausgehöhlten Landschaften zu folgen. Im Ton-Stakkato bohren sich Hämmer in Felsgestein, während das Verhältnis zwischen Individuum und Kollektiv, Ideologie und Landschaft, Unbehagen und Utopie erkundet wird.
"Wismut – eine Landschaft, eine ausgebeulte, eingekerbte und ausgehöhlte. Überdimensionierte Narben, die uns wie Hügel vorkommen – Berge, Jahrmillionen alt. Verstrahlte Landschaft und verstrahlter Blick – unter der Haut, die verknöcherten Spuren der Geschichte, der Kriege, der Dampfmaschinen, der steigenden und fallenden Weltmarktpreise, der politischen Verkantungen, der wissenschaftlichen Vefügbarmachung und Zurichtung, die ihre zur Allmachtsfantasie geronnene Angst als Atompilz in die Erde rammt – der Traum nicht endender Eroberung, Jahrhunderte weiterstrahlend, perpetuum mobile des Sieges, eine Waffe, die sich noch lange nach dem Krieg auf den Oberflächen in die Zellkerne frisst, die in immer kleinere Waffen zerfällt. Wo die paranoide Partei sich einst tollwütig in die Erde verbeißen musste, deren Kiefer wir nicht aufgebrochen kriegen, obwohl der Körper schon lange abgestorben ist. Die wir fast so was wie vermissen, weil wir die Bisswunden von heute gerne zuordnen können würden."
(Wismut-Fragment, Luise Meier)
// Credits //
Konzept, Choreografie: Jule Flierl
Konzept, Installation, Sound: Mars Dietz
Nuklearer Kern: Zoë Knights, Zwoisy Mears-Clarke, Cathy Walsh
Nuklearer Chor: Gretchen Blegen, Pauline Brun, Mars Dietz, Jule Flierl, Zoë Knights, Zwoisy Mears-Clarke, Luise Meier, Nara Virgens, Cathy Walsh
Bühne: Pauline Brun
Licht: Gretchen Blegen
Kostüm:Claudia Hill
Dramaturgie: Luise Meier
Produktion: Alexandra Wellensiek
Produktionassistenz: Nara Virgens
Eine Produktion von Jule Flierl + Mars Dietz in Koproduktion mit Residenz Schauspiel Leipzig und SOPHIENSÆLE.
Gefördert vom Hauptstadtkulturfonds und von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa.
Anfertigung der Kostüme und Herstellung der Dekorationen in den Kostüm- und Theaterwerkstätten der Oper Leipzig.
Mit Dank an Mika Hayashi Ebbesen, Patrick Primavesi, Kunsthaus KuLe Berlin, Thomas Frank und Ulrike Melzwig (Residenz Schauspiel Leipzig).
DAS OST-WEST-DING ist ein Festival der SOPHIENSÆLE, gefördert aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds, der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Bundeszentrale für Politische Bildung.
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