Die Berliner Autorin Katja Hensel lädt die EU-Staaten zur Familienaufstellung. Denn in der Wahlfamilie brodelt es gewaltig: Euro-Krise, Identitätsprobleme, jede Menge unbewältigter Geschichte und Geschichten. Die EU-Verfassung lag lange auf Eis. Sie wurde geändert, ausgedünnt, umbenannt -- und 2009 als Vertrag von Lissabon endlich von allen Mitgliedstaaten ratifiziert. Genützt hat es alles nichts. Die Mitglieder der EU-Familie tun sich weiterhin schwer mit der Einigkeit: Blockaden, Frustrationen und Isolierungstendenzen. Zeit für eine Familientherapie!
Wie Europa gelingt. Eine EU-Familienaufstellung kondensiert in einem kühnen Zugriff die Komplexität von Staatsgebilden auf Figuren mit menschlicher Psychologie. Estland sucht noch seinen Platz in der Familie, es fehlt dem Land an europäischem Geist und innerem Frieden mit seiner Herkunftsfamilie Sowjetunion. Polen erinnert noch jede historische Verwundung als wäre sie gestern gewesen. Aus Finnland bricht der Überdruss an der eigenen, zur Kruste erstarrten Konsenshaltung heraus. Spanien kämpft mit den selbst auferlegten Sparmaßnahmen ebenso wie mit der wenig aufgearbeiteten Geschichte der Franco-Diktatur. Und Slowenien, das Land mit der höchsten Selbstmordrate in der EU, ist auf einer dramatischen Talfahrt vom Vorzeige-Mitglied zum Krisenkandidaten.
Humorvoll durch Klischees und Vorurteile gezeichnet arbeiten sich die von Hensel personifizierten Länder in der einmaligen Therapiesitzung an den Zerrbildern des eigenen Außenbilds und den Konflikten der EU ab. Zur Sprache kommen nationale Sorgen, historische und gegenwärtige „Wunden“ und die unterschiedlichen Erwartungen der Mitglieder an das, was Europa sein soll. Wird es gelingen, die europäische Familie vor dem Auseinanderbrechen zu bewahren?
Text / Regie: Katja Hensel
Großbritannien: Christian Kaiser
Finnland: Christian Dieterle
Estland: Barbara Wurster
Polen: Michael Stobbe
Slowenien: Sanne Schnapp
Zypern: Sven Philipp
Spanien: Uta Krause
Therapeutin: Katja Hensel
Projektleitung: Andrea Tietz – att
Eine Produktion von Katja Hensel und Team Gefördert durch Hamburgische Kulturstiftung / Ilse und Dr. Horst Rusch-Stiftung.
Wie Europa gelingt. Eine EU-Familienaufstellung ist die Fortsetzung des gleichnamigen Pilotprojektes, das vor vier Jahren konzipiert wurde und im Rahmen von dem Festival Projektion Europa am Schauspielhaus Hamburg, am Münchner Volkstheater, im Roten Rathaus Berlin und vielen anderen Orten zu Gast war. In der neuen, aktualisierten Fassung rückt das drohende Zerbrechen der Familie in den Fokus. Bereits in der 1. Folge therapierte Länder werden neu analysiert, andere Mitgliedsstaaten werden ins Visier genommen.
(Quelle: http://theaterdiscounter.de/stuecke/wie-europa-gelingt-eine-eu-familienaufstellung, 04.08.2015)
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