Burgtheater Wien,
Drama, das innerhalb eines Aktes abläuft und die Schwächung eines Vorganges bis zu seinem totalen Stillstand beinhaltet.
Die Protagonisten treten wie in "Warten auf Godot" in Zweiergruppen auf. Der Raum ist jeglicher Ausstattung beraubt, lediglich zwei kleine Fensterchen eröffnen weit oben im Hintergrund den Blick in die Außenwelt. Hamm, der blinde Alte, sitzt auf einem mit Röllchen versehenen Sessel, er kann nicht stehen. Hamms Diener, Clov, hingegen kann nicht sitzen. Die Eltern Hamms, Nagg und Nell, sind beinlos und leben in zwei Mülltonnen, assoziierbar mit der Abschiebung in ein Altenheim oder zwei überdimensionalen Graburnen. Die Eltern sind lästig geworden und fristen nun ihr Leben in den Mülltonnen. Die Welt außerhalb des Raumes ist tot. Es scheint, dass die Protagonisten die einzigen Überlebenden einer großen Katastrophe sind. Die Beziehung zwischen Diener und Herr, Clov und Hamm, beruht auf Hass. Clov hasst Hamm und möchte ihn verlassen, aber er gehorcht den Anweisungen Hamms: "Tu dies, tu das, und ich tu's. Ich weigere mich nie. Warum?". Er bringt nicht die Kraft auf, seinen Tyrannen zu verlassen. Darin besteht die dramatische Spannung dieser Komödie: Wenn Clov Hamm verlässt, muss dieser sterben, da Clov der einzige Überlebende ist, der ihn betreuen kann. Auch Clov würde dann sterben, da die übriggebliebenen Vorräte Hamm gehören. Wenn er Hamm verließe, wäre dies sein eigenes Todesurteil. Clov quält sich in diesem Dilemma, während Hamm von Schuldgefühlen heimgesucht wird. Er hätte vielen Menschen Nahrung geben können. Nun gehen die Vorräte, die Hamm auf die Seite geschafft hat, zu Ende, die Welt, oder besser was davon übriggeblieben ist, geht dem Ende entgegen: „Etwas nimmt seinen Lauf“. Hamm wirkt kindlich und verwahrlost, Clov vernünftig und wahnhaft ordentlich. Hamm sieht die Welt durch die Augen von Clov und Clov mit dem Fernrohr durch die beiden Fensterchen die Außenwelt, auf der einen Seite die Landschaft, auf der anderen Seite das Meer. Hamms Eltern haben ihre Beine bei einem Fahrradunfall verloren. Hamm hasst seine „Erzeuger“, wie auch sie ihn hassen. Nell, die Mutter, ermutigt Clov immer wieder, heimlich wegzugehen, wohlwissend, dass dies auch ihren Tod bedeuten würde. Die Worte des Vaters, Nagg, zeigen den Hass und die Abneigung gegenüber seinem Sohn: „Wen riefst Du, als du noch klein warst und Angst hattest, in der Nacht? Deine Mutter? Nein. Mich. Wir ließen dich schreien. Dann stellten wir dich weit weg, um schlafen zu können ... Ich hoffe, so lange zu leben, dass ich dich mich rufen höre, wie einst, als du noch klein warst und Angst hattest, in der Nacht, und als ich deine einzige Hoffnung war.“ Schließlich ergibt sich Hamm in sein Schicksal und akzeptiert das Unvermeidliche: „Es ist zu Ende, Clov, wir sind am Ende. Ich brauche dich nicht mehr“. Hamm gibt sich in einem finalen Monolog seinen Erinnerungen und in Selbstbedauern hin, Clov wartet unbeweglich, bereit zu gehen. Als der Vorhang fällt, ist Clov immer noch da. Man weiß nicht, ob er denn auch wirklich geht.
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