Nach Shakespeares Richard III als Parabel auf den Irakkrieg.
Zweistündige, furiose One-Woman-Show. Sie lässt nichts aus von dem Bösen, Wahnhaften und moralisch Verfaultem, das der machtgierigste aller Shakespeare-Könige zu bieten hat. Als billiges Kasperletheater fängt es an. Liddell tobt als angesoffenes Punkerwrack über die Bühne und attackiert ihr stummes Gegenüber auf der Bühne (Gumersindo Puche als ihr Diener Catesby). Im Hintergrund stapeln sich Strohballen, zwei mit Blumen bestreute Erdhaufen sind auf dem Boden aufgeschüttet, Bier- und Mineralwasserflaschen stehen herum, unter einem Tuch verbirgt sich ein ausgestopftes Wildschwein. Angélica Liddell lässt die Hosen herunter, wäscht sich die Scham und riecht am Lappen. Beim Festival in Avignon wurde Liddell für ihren "Ricardo" als die "Schock-Performerin" des Festivals gefeiert. Auch bei Angélica Liddell sind die albernen Mätzchen zu Beginn nur der Prolog. Liddell lässt sich Zeit, um warm zu laufen, für ihre gewaltigen, nicht endenden Wortströme, ihre wahnhaften, zynischen Fantasien über Macht und Politik, Demokratie und Krieg. Über Präsidenten, Nixon, Busch, Blair, Zapatero, Franco, Hitler. "Oh, habe ich da Diktatoren mit demokratisch gewählten Präsidenten verglichen", fragt sie höhnisch ins Publikum, das sie mit ihrer manischen Performance wie ein Diktator in Besitz nimmt. Und es nicht entlässt. Weil das Böse eine gewaltige Energie ist und die Lust an der Manipulation auch noch aus Liddells Lippen kriecht als sie sich schon wie ein zertretener Wurm am Boden windet. Das berühmteste Foto des Vietnamkriegs, in dem das Mädchen Kim Phuc nackt und von Napalm verbrannt auf den Betrachter zuläuft, steht in drei Teile zerschnippelt auf den Strohballen und Liddell, der gekrümmte Punk lässt mit päderastischer Gier die gelbe Flüssigkeit aus ihrer Bierflasche an den Beinen des Mädchens entlang rinnen. Weint doch! - scheint sie gackernd ihrem Publikum zuzurufen. Vorn sitzt mit einem schwarzen Lappen über den Kopf Gumersindo Puche. Von fern erinnert das an ein anderes Bild, Abu Ghraib. Liddells "Ricardo" ist als Reaktion auf den Irakkrieg entstanden, daraus speist sich die nicht enden wollende Wut. Klar wirft Liddell reichlich mit Plattitüden um sich, doch geht es am Ende um etwas sehr Wahres: Um den Zynismus unseres Mitgefühls.
Performer: Angélica Liddell, Gumersindo Puche
Regie: Angélica Liddell
Autor: Angélica Liddell
[csm/msb]