Spätere Wiederaufnahme (Madrid 1992) des Stückes, das in den 60er Jahren unter dem Eindruck des Vietnamkrieges entwickelt worden war.
Durch die starke politische Positionierung der Gruppe geriet diese Kritik an Methoden und Überzeugungen des amerikanischen Staates zu einer der intensivsten Produktionen des Living Theatre. Das Living Theatre hat für diesen Weltzustand ebenso einfache wie eindringliche Formen und Formeln entwickelt. Es hat die Sprache zum Geschrei, zum Stöhnen und Kreischen zerstört, es läßt zur Verständigung nur noch einen albern-bestialischen Befehls-Sing-Sang übrig, der die Truppe in pantomimisch fesselnde, überzogene Marschbewegungen versetzt.
Am Anfang herrscht Versenkung, herrscht Stille. Die Meditations-Übungen zu Beginn der „Mysteries" zerren an den Nerven der Zuschauer. Scheinbar unbeeindruckt von der Unruhe, dem Gelächter im Zuschauerraum, versenkt sich die Truppe, vertieft sich einer ”” es wäre leicht, von orientalischem Brimborium zu sprechen, wäre da nicht zweierlei: Einmal die sichtbare, offensichtliche Beunruhigung und Verstörung des Publikums, mit der das Living Theatre, fast ein wenig stolz, rechnet und renommiert. Wie ein Waffenstudent auf seine Schmisse, so weist das Programmheft auf die Skandale hin, die das Living Theatre mit seinen Exerzitien hervorgerufen, provoziert hat. Da prügelte man sich, dort mußte die Polizei eingreifen. Und was man dagegen auch sagen will: das living Theatre bewirkt auf vielerlei Weise die Unruhe, die das übrige Theater (kursorisch gesagt) nur verspricht. Das Living Theatre drängt sich in sein Publikum. Es tut dies buchstäblich, wenn am Schluß der „Mysteries" zuckende, verkrampfte Leiber sich zwischen den Parkettreihen wälzen. Es tut dies, wenn es die Nerven seiner Besucher schon durch die Länge der Darbietung auf die Folter spannt, wenn es ”” in all seinen bisherigen Stücken ”” teilnehmen läßt an der Öde und Langeweile der Brutalität, wenn es das Sterben nicht zum Bühnenvorgang verklärt und verkürzt, sondern das Publikum teilnehmen läßt an viehischen Todesschreien, an konvulsivischen Todeszuckungen, die es in einer Art ekstatisch entrücktem Zustand „erspielen" kann.
GEMEINSAM ERARBEITET VON:
James Anderson, Julian Beck, Carl Einhorn, Reggie Gay, Gene Gordon, John Harriman, Roy Harris, Jenny Hecht, Leroy House, Henry Howard, Nona Howard, Steven Ben Israel, Tom Lillard, Roberta Longhi, Judith Malina, Michele Mareck, Paul Prensky, William Shari, Luke Theodore, Steve Thompson, James Tiroff, Lee Worley
ANMERKUNG: Ebenfalls auf dem Band eine Arbeitsdemonstration mit Julian Beck und Mitgliedern der Gruppe.
msb
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