Karl Kraus: "Die Aufführung des Dramas, des Umfang nach irdischen Zeitmaß etwa zehn Abende umfassen würde, ist einem Marstheater zugedacht. Theatergänger dieser Welt vermöchten ihm nicht standzuhalten." In der Tat wagte sich kaum ein Theatermacher an dieses epochale Drama, das mit Techniken der Montage, des Kommentars und satirischen Seitenhieben versuchte, Wesen und Wirklichkeit des Ersten Weltkrieges einzufangen.
Johann Kresnik, der sich in all seinen bisherigen Arbeiten brachial und bildergewaltig mit verdrängter Vergangenheit auseinandergesetzt hat, hat für seine Inszenierung einen spektakulären und ausdrucksstarken Ort gefunden. In Bremen, an der Wesel, liegt ein monströser U-Boot-Bunker, der nie in Betrieb genommen wurde. Kresnik lässt dort 39 Szenen aus dem als Lesedrama konzipierten "Die letzten Tage der Menschheit" spielen. Er schlägt in seiner zweistündigen Szenen-Collage über den Krieg Brücken zur NS-Zeit - bis zu 12.000 Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge wurden für den Bau des Bunkers täglich eingesetzt. Während der Schiffsreise zum Spielort wird Dokumentarfilmmaterial darüber gezeigt. Im Bunker selbst lässt Kresnik den Abend als lautstarkes Kriegsspektakel beginnen, grell und laut, überrascht in der zweiten Hälfte des Abends
jedoch auch mit ruhigeren Tönen und Einzelfiguren, die sich aus der Gruppe herausschälen. Kresnik stellt sich einer als unspielbar geltenden Herausforderung und gestaltet ein Spektakel für einen anderen Planeten.
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