In April 2013 the Danish talk show Blachman was broadcast for the first time. It triggered a highly controversial debate: in a dark studio two clothed men are sitting on a sofa. A woman enters, slips off her bathrobe and stands naked in front of them in full light. The men look at her body and speak about female beauty, manhood and the like. The woman is silent. Host Thomas Blachman understands his show as a therapy offer for contemporary men who, between pornographication and changing gender relations have lost their sexual identity. But who is really taking their clothes off here? The naked or the talking? Based on a re-enactment of the talk show Rose Beermann and Iva Sveshtarova explore different forms of intimacy – and celebrate the joy of exposing themselves. Strip naked, talk naked!
// Credits //
Konzeption, Realisierung, Performance: Iva Sveshtarova and Rose Beermann
Performance: Daniel Hinojo, Sebastian K. König
Dramaturgy: Marcel Bugiel
Sounddesign: Bernhard La Dous
Lichtdesign: Hannes Ruschbaschan
Beratung Kostüm: Lena Mody
Production: FREISCHWIMMER 2014/15 is a joint project of SOPHIENSÆLE, FFT Düsseldorf, Künstlerhaus Mousonturm Frankfurt am Main, brut Wien and Gessnerallee Zürich.
Dank an Caroline Pitzen, Helena Botto, Matilda Mester, Matthias Meppelink.
FREISCHWIMMER 2014/2015 - INTIM
Drammaturgie: Marvus Droß, Christiane Kretschmer, Christoph Rech, Cathrin Veser, Eva Wolfsburger
Produktionsleitung: Marc Pohl
Produktionsassistenz: Joy Harder
Festivalcoach: Johanna Hörmann
Technische Leitung_ Hannahs Ruschbaschan
Technische Assistenz: Ignacio Buquete
Produktionspraktikum: Marie-Claire Perge
Gefördert aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds und des Regierenden Bürgermeisters von Berlin - Senatskanzlei - Kulturelle Angelegenheiten, sowie von Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf, Kulturamt Frankfurt/Main, Karl Hofer Gesellschaft, Autorenstiftung Frankfurt am Main, Kulturamt der Stadt Gießen, Gerda Weller Stiftung, Fazit Stiftung, Institut für Angewandte Theaterwissenschaften, Stiftung für Radio und Kultur Schweiz, Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Kulturabteilung der Stadt Wien, and Oberösterreich, Bundeskanzleramt Österreich, Österreichisches Kulturforum Brüssel, Stadt Zürich Kultur, Pro Helvetia Schweizer Kulturstiftung und Migros Kulturprozent.
// Presse //
Im Scheinwerferkegel auf der leeren Bühne stehen zwei nackte Damen. Vor ihnen, auf bequemen Stühlen, sitzen zwei angezogene Herren. Die Frauen schweigen, die Männer schauen. Und reden. Das Ganze ist aber keine Peepshow, sondern das nachspielende Reenactment einer dänischen Fernsehsendung namens „Blachman“. Sie wird seit 2013 ausgestrahlt und funktioniert nach einem sehr einfachen Prinzip: Vor den Moderator und einen männlichen Gast tritt eine Namenlose, legt den Bademantel ab und setzt sich stumm der Betrachtung aus. Ein sexistisches Format? Findet Blachman nicht. Der gelernte Jazzmusiker und „X Factor“-Juror sieht vielmehr den modernen Mann in der Krise. Einen, der „vor Langeweile in den Aschenbecher pinkelt, während seine Frau auf Geschäftsreise ist“. Einen, der gefangen ist im Spannungsfeld aus Porno und politisch korrektem Puritanismus. Helfen soll hier die „Repositivierung des männlichen Blicks auf die Frau“. Also: einfach mal sagen dürfen, was geil ist.
„Intim“ lautet das Motto des diesjährigen Freischwimmer-Festivals, das die Sophiensäle zusammen mit den Instutionen FFT Düsseldorf, Mousonturm Frankfurt, Gessnerallee Zürich und Brut Wien ausrichten. Die freie Szene hat lange genug das Verhältnis von Öffentlichem und Privatem ausgeleuchtet. Jetzt soll’s mal richtig unter die Haut gehen.
Die Performerinnen Iva Sveshtavora und Rose Beermann stellen die geschlechterdiskursive Schaulust-Show „Blachman“ mit Daniel Hinojo und Sebastian K. König auf Betrachterseite unter dem Titel „Strip Naked, Talk Naked“ nach. Schon klar, worauf das zielt: Eigentlich entblößen sich hier die Redenden. Stimmt, von philosophischer Brillanz sind die Einlassungen über Muttis kleine Zehen, die erotische Melancholie des Ohrs oder das Mysterium weiblicher Geschlechtsteile nicht gerade. Und man möchte sich auch das deutsche Pendant zu einer solchen Sendung nicht vorstellen, die vermutlich von Peter Sloterdijk, Matthias Matussek oder Maxim Biller moderiert würde.
Bloß haben Sveshtarova und Beermann offenbar Sorge, ob ihre Message auch ankommt. Weswegen sie der Wiederinszenierung der Idee (aufgepeppt mit lustigen Brustschmuck-Tänzen) einen etwas lahmen Erklärteil hinterherschieben. Bei aller auch unfreiwilligen Komik trifft das „Blachman“-Konzept tatsächlich einen Nerv, offenbar auch bei den Performerinnen. Sonst hätten sie sich wohl kaum dafür ausgezogen.
- Der Tagesspiegel -
Vor eineinhalb Jahren sorgte der Musiker Blachman mit einem simplen Setting für internationalen Medienprotest: Zwei bekleidete Männer räsonierten in ‘intimer’ Studioatmosphäre ohne Saalpublikum mit ‘ästhetischem Anspruch’ über eine entblößt und stumm vor ihnen stehende Frau: pure Misogynie in besonders hinterfotziger Form. Die Show lief zwar im Mai des Vorjahres nach sechs Folgen aus, aber der Schaden für das Fernsehen, Dänemark und das Geschlechterverhältnis war beträchtlich. Aus diesem Stoff haben die in Deutschland arbeitenden Choreografinnen Rose Beermann und Iva Sveshtarova ihr Stück ‘Strip naked, talk naked’ gestrickt, in dem sie ein Reenactment der Blachman-Show und ein performatives Nachspiel zeigen. Der erste Teil ist das Dokument — unerlässlich in einer übervergesslichen Zeit wie der unseren -, und das Nachspiel ist als Kommentar der beiden Künstlerinnen zu verstehen. Letzteres ist überraschend läppisch geraten. […] Aber die Künstlerinnen spielen hier offenbar mit der Frage, ob das bloße Nachstellen als Dokuperformance im Rahmen eines zeitgenössischen Theaterfestivals noch selbsterklärend genug ist — oder ob es wieder explizit geäußerte Kritik braucht.
- Helmut Ploebst, Der Standard, 07.11.2014 -
Beerman und Sveshtarova entäußerten sich in ihrer Performance abwechselnd in der Rolle der schweigenden Frau, während zwei männliche Darsteller den realen Gesprächsverlauf aus der Talkshow nachstellten. Immer wieder wechselten die Männer ihre Position im Raum, stellten die Stühle um und begannen dann unvermittelt, ihre poetischen Sätze auszutauschen, deren Dilettantismus in der Performance besonders anschaulich wurde. Diese szenischen Unterbrechungen hoben wiederum das fiktive Moment hervor: Wie im Film – und auch im Fernsehen – erlangten die Zuseherınnen einen ‘beschnittenen’ und damit inszenierten Blick. Die Umwandlung von Realität in Fiktion, die Überführung von Diskriminierung in Inszenierung, erzeugte ein Befreiungsmoment, in dem die Frau Subjekt sein konnte. Performativität und Performance fanden dialektisch zueinander: Im ersten Schritt des Reenactments wurde die Konstruktion der weiblichen Geschlechteridentität performativ erzeugt und in der freien Performance wiederum dekonstruiert.
- Lina Paulitsch, www.corpus.net -
[efr]
http://rosebeermann.de/ https://freischwimmen.org/en/ https://sophiensaele.com/en