Manchmal machen Wörter, was sie wollen. Wenn man sie lässt. Und ihnen vielleicht dann und wann einen kleinen Schubs gibt. Die Schauspielerin und Regisseurin Amina Gusner weiß das und wirft mit diesem Wissen in ihrem neuen Stück, das jetzt als Produktion der freien Theatergruppe allein-im-hausflur.de im Theater unterm Dach zu sehen ist, virtuos die Assoziationsmaschine an. Ausgangspunkt und Titel des Abends ist dabei ein einziges Wort: "gefallen".
Zusammen mit ihrem Bühnenpartner Peter René Lüdicke spürt Amina Gusner den offenen und verborgenen Bedeutungen des Begriffes in einer szenischen Collage nach: dem Wunsch, jemandem zu gefallen zum Beispiel, dabei möglichst nicht zu sehr aufzufallen und schon gar nicht hinzufallen oder durchzufallen. Was als fast dadaistische Wortballerei beginnt, entwickelt sich zu einer feinen Reihung von Minidramen, die das eine uralte Problem umkreisen: die Unvereinbarkeit der tiefen Sehnsucht danach, sich hemmungslos fallen lassen zu können mit der Angst davor, die Kontrolle zu verlieren. Gefalle oder falle ich?
Das klingt nur theoretisch bedeutungsschwer, praktisch nähern sich die Darsteller der Sache mit faszinierender Leichtigkeit: komisch, tiefgründig, wahrhaftig. Sie schweben von einer Szene zur nächsten, gleitend die Übergänge, konsequent logisch die Abfolge, verdichtet zu einem beeindruckenden kleinen Kammerspiel. Die Rollen sind klar verteilt: Peter René Lüdecke ist mehr der Mann fürs Drastische: für die großen Gefühlsausbrüche, gerne auch gebrüllt. Amina Gusner dagegen gibt sich gefühlsverloren, schwebend, suchend. Zur atmosphärisch percussiven Musik von Paul Wilke füllen sie den leeren Raum, der oben und an den Seiten von verschiedenfarbigen Neonrören begrenzt wird, souverän mit Möglichkeiten. Zitate von Kafka, Rilke, Sarah Kane und Nietzsche wie auch eigene Texte gewinnen szenische Kontur.
Und nachdem am Ende so viele schlaue Menschen so viel zum Thema sagen durften, kommt in einem kleinen dokumentarischen Videoeinspieler auch noch mal das Volk zu Wort zum Thema Glück und Sinn des Lebens. Und siehe da, ist alles ganz einfach: "Ich spiele Fußball, gehe ab und zu kegeln und ich hab ne Freundin." (Quelle: Website allein-im-hausflur)
Amina Gusner, Peter René Lüdicke