„Unter der Laterne“ (1928) ist ein Film des Gründers der Deutschen Kinemathek, Gerhard Lamprecht, der anlässlich ihres 50-jährigen Jubiläums digitalisiert wurde und nun in HD zu sehen ist. Der Abstieg der Protagonistin Else vom Varieté zum Straßenstrich steht stellvertretend für unzählige junge Frauen, deren Sehnsucht nach Aufstieg und etwas Glamour an den moralischen und ökonomischen Gegebenheiten der Gesellschaft zerbricht. Ein Gesellschaftsbild der Großstadt in den 20er Jahren. Bernd Schultheiss kombinierte für seinen neuen Soundtrack Kammermusik mit Jazz-, Pop- und Rockelementen. Mit einem Leierkasten-Lied beginnt der Film, mit demselben Lied endet er und es gab ihm seinen Untertitel: „Trink, trink, Brüderlein, trink“. Gesungen wird der 1927 veröffentlichte Song von Harry Steier, dessen Lieder um diese Zeit in ganz Deutschland gesungen wurden. „Unter der Laterne“ ist ein Zeitdokument des Berliner Alltags der späten 20er Jahre und zeigt am Schicksal der Protagonistin Else die Glanz- und Schattenseiten der jungen Frauengeneration: Else begehrt gegen den Vater auf und verstrickt sich immer tiefer in Abhängigkeiten zu den Männern, die sie missverstehen oder ausbeuten. Filmhistorisch lässt sich an dem Film mit seiner naturalistischen Regie der technische und ästhetische Übergang vom Stumm- zum Tonfilm ablesen. Bernd Schultheis legte seine neue Komposition - für neun Instrumente - kammermusikalisch an und beleuchtet mit dem melodischen und rhythmischen Material ebenso die inneren Konflikte der Protagonisten wie auch die gesellschaftliche Disposition der „Roaring Twenties“. Die Musik zitiert historische Schallplattenaufnahmen und mischt Elemente des Jazz, der Rock- und der Popmusik mit dem kammermusikalischen Grundmaterial. So entstand eine Filmmusik, die mühelos den großen Bogen von der Musikkultur der 20er Jahre zur Jetztzeit schlägt, eine Musik voll unmittelbarer Aussagekraft und großer Leichtigkeit.
Die Filme von Gerhard Lamprecht (1897-1974) waren in ihrer Zeit populär. Ihr künstlerischer Wert wurde im Vergleich zu großen deutschen Stummfilmregisseuren wie Friedrich Wilhelm Murnau oder Fritz Lang jedoch als zweitrangig klassifiziert. Diese einseitige Sichtweise wird heute in Anbetracht seines Gesamtwerkes, welches Klassiker des Tonfilms wie „Emil und die Detektive“ von 1931 umfasst, korrigiert. Lamprecht ist ein Chronist der deutschen Gesellschaftsgeschichte; sein Schaffen umspielt vielfältig Alltag und Schicksal der deutschen Bevölkerung von den 20er Jahren der Weimarer Republik bis zur Nachkriegszeit.
Else Riedel - Lissy Arna
ihr Vater - Gerhard Dammann
Hans Grothe - Mathias Wieman
Max Thiele - Paul Heidemann
Nevin - Hubert von Meyerinck
Zora - Carla Bartheel
Louis - Max Maximilian
die Frau - Käte Haack
SCHNITT: Virginie Messiaen, Susana Rossberg
PRODUZENT: Gerhard Lamprecht
REGIE: Gerhard Lamprecht
DREHBUCH: Luise Heilborn-Körbitz, Gerhard Lamprecht
KAMERA: Karl Hasselmann
MUSIK: Hansheinrich Dransmann, Bernd Schultheis
PRODUKTION: Gerhard Lamprecht Filmproduktion, Deutsche Kinemathek, ZDF, ARTE
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