INTERNATIONALES THEATERINSTITUT / MIME CENTRUM BERLIN

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FÜR TANZ

UND THEATER

MCB-SV-7370

Schiffbruch mit verrückter Hoffnung

Beschreibung
"Un coefficient d’incalculable grandeur" voilà  ce que sent Proust dans la netteté du petit bourdonnement de guêpe dans le ciel de l’été 1913,et ce n’était ni un moucheron, ni un oiseau, mais "un aéroplane monté par des hommes, et veillant sur nous." Ce moucheron-aéroplanecheval céleste, cette infime monture sonore qui nous donne toute la hauteur du ciel d’été amical et vertigineux c’est notre spectacle. Il est comparable à  ces minuscules fleurs de papier japonais, petits morceaux de vie indistincts qui, à  peine sont-ils plongés dans un bol de théâtre rempli d’eau, s’étirent, se contournent, se colorent, deviennent des maisons, des bonshommes, des arbres, des navigateurs, des hommes d’état, des cantatrices, des bagnards, des personnages enfin quoi ! et toute l’Europe et ses environs, les océans et les Amériques. Cet indice de grandeur incalculable on l’aura eu aussi en ouvrant un jour de l’an 2008 un petit roman de Jules Verne, qui avait survécu cent ans à  son auteur et se retrouvait un peu perdu à  l’étal d’un bouquiniste dans un marché de Paris. à€ peine avait-on trempé un regard dans son infusion de mots que sur la ruine de papier on voit monter vers le ciel un fourmillement monumental.Et si nous y allions ? Si nous cherchions la lune sur la terre ? De quoi aurait-elle l’air ? Elle serait blanche, brillante et vierge. Ce serait une à®le. Imaginons. On pourrait y tracer le modèle de l’humanité future. On dessinerait la démocratie idéale trois mille ans après Eschyle. Jaurès a bien dit dans son premier éditorial du 18 avril 1904 que "l’Humanité n’existe pas encore, ou bien elle existe à  peine…" Il voulait parler de l’Humanité humaine, naturellement, l’humanité humaniste, l’humanité-égalité, justice, partage. L’Humanité ! "L’Humanité n’existe pas encore" mais elle viendra. Elle vient. Oh ! Oui c’est le siècle de l’Humanité qui vient, se dit-on. Et elle s’annonce moderne, dynamique. L’air est mythologique. Les êtres humains sont prolongés, agrandis, étendus, portés au-delà  de leurs périmètres. Ils aspirent. Et Jaurès a dit : ou elle existe "à  peine". Eh bien, si cet "à  peine", c’était nous. On prendrait la peine de la faire naà®tre à  peine, un peu, modestement, idéalement, scène par scène. […] Jusqu’où irons-nous ?! Plus loin que l’Inde, plus loin que le Chili et l’Argentine ! Aujourd’hui, nous sommes le 29 Juin 1914. Qu’est-ce qui pourrait nous arrêter ? Hélène Cixous Es ist ein schlaues Theater, das Theater der Ariane Mnouchkine. Es verführt schnell - im konkreten Fall schon am Weg zu den Sitzplätzen. Der führt nämlich an den Garderoben der Schauspieler vorbei, hinter Spitzenvorhängen sieht man, wie sie sich schminken. Das Théâtre du Soleil muss ein guter Flohmarkt-Kunde sein, lässt das Meer an antiken Spiegelchen und Döschen vermuten. Das Foyer der Messe-Halle ist außerdem als der Heurigen " Le Fol Espoir" gestaltet, dessen Dachboden der (eine) Schauplatz des Stücks ist. Diese Liebe zum Detail, die sich nicht auf das Bühnengeschehen beschränkt - sie verführt eben schnell. Nun darf man aber keineswegs davon ausgehen, dass "Les Naufragés du Fol Espoir" nur eine hübsche Ausstattungsorgie ist. Das ist nur ein Funken des Zaubers, den dieser Theaterabend zu bieten hat. Auf dem Dachboden des Heurigens "Le Fol Espoir" ("Zur verrückten Hoffnung") dreht das Geschwisterpaar LaPallette einen Stummfilm. Einen Film, der der sozialistischen politischen Bildung gewidmet ist. Er beginnt 1889 in Mayerling, wo die "roten Erzherzöge" Kronprinz Rudolf und Johann Salvator eine revolutionäre Rede vorbereiten. Die "glücklichste Generation" Das darauf folgende spekulative Schicksal von Salvator verschränkt Mnouchkines Hausautorin Hélène Cixous mit der Geschichte eines Häufchens Emigranten, die am Kap Hoorn Schiffbruch erleiden. Sie basiert auf einem postumen Roman von Jules Verne. Auf einer herrenlosen Insel wollen sie eine utopische, idealsozialistische Gesellschaft gründen. Natürlich scheitern sie. Soweit die Handlung des Films. Die, die ihn drehen, werden von einer noch gewaltigeren Katastrophe eingeholt: Vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Gerade eben hat Rudolf noch vom Glück der nächsten Generation gesprochen - und schon braucht diese Generation kaum etwas mehr als eine "verrückte Hoffnung". Wer "Les Naufragés" inhaltlich nacherzählen will, muss scheitern. Umso mehr verblüfft, wie mühelos und alles andere als kompliziert diese verschiedenen Ebenen von diesem außerordentlichen Ensemble vermittelt werden. Man kommt nicht daran vorbei, zu bemerken, dass Mnouchkines "Schiffbrüchige" (uraufgeführt 2010) zwei große Themen des heurigen Kulturjahres schon vorweggenommen hat: Da ist zum einen der Stummfilm "The Artist", der neues, ungeahntes Glück verschaffte, und da ist Christian Krachts vieldiskutierter Roman "Imperium", in dem auch eine Niemandsland-Insel als erfolglose Utopie-Schablone herhielt. Gerade die Wahl des Stummfilms als Medium ist eine kluge: Nicht nur wurden Übertitel selten eleganter (am Jugendstiltaferl) projiziert. Das Outrieren ist hier ganz selbstverständlich, nie lächerlich, aber sehr oft sehr lustig. Unbezahlbar die nachgerade bis in die letzte Reihe rollenden Augen von "Kapitän" Vijayan Panikkaveettil, die als Running Gag gerade nicht überstrapazierte Möwe am Stiel oder wenn wieder eine ganze Gruppe auf den Boden stürzt - damit sie nicht im Bild ist. Das dicke Auftragen ist aber nie Blödeln als Selbstzweck, es sorgt auch für emotional intensive Momente - immer wirkungsvoll unterstützt von der Musik von Jean-Jacques Lemêtre. Manch holzschnittartige, etwas platte populär-politische Postulation im zweiten Teil verzeiht man auch - weil Subtilität einfach nicht zum Stummfilm gehört. Es gibt auch feine Zwischentöne, etwa wenn der Österreicher Josef nach der Kriegserklärung als erster die Truppe verlassen muss. Die Detailliebe geht übrigens so weit, dass die Übertitel mit österreichischen Begriffen operieren: Da nennt Queen Victoria etwa viele kleine Inseln "Planetenfutzerln". Es ist eine selten gesehene, kindliche Freude am Theatermachen im wahrsten Sinn dieses Wortes, die die "Schiffbrüchigen" zum Erlebnis macht. Oder, wie Felix, der Heurigenbesitzer, meint: "Elektrisierend, wie man heute sagt!" (Quelle: http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/buehnenarchiv/459338_Utopie-mit-rollendem-Auge.html) egd
Regie
Gruppe / Compagnie / Ensemble
Darsteller
Eve-Doe Bruce,Juliana Carneiro da Cunha, Astrid Grant, Olivia Corsini, Paula Giusti,Alice Millequant, Jean-Jaques Lemetre, Maurice Durogier, Duccio Bellugi-Vannuccini, Serge Nicolai, Sylvain Jailloux, u.a.
Standorte
MCB
Aufnahmedatum
Dienstag, 02. Februar 2010
Länge
182 min