„Für mich gabs nur noch Fassbinder - die glücklichen Opfer des Rainer Werner F.“, Dokumentation von Rosa von Praunheim 2000.
Nur mit der Handkamera ausgerüstet trifft sich von Praunheim im Film mit einigen Mitarbeitern und vor allem Mitarbeiterinnen von Fassbinder. Er fragt zum Beispiel, ob sie die Nacht im Bett an Fassbinders Seite oder neben dem Bett auf dem Teppich verbracht haben. „Habt ihr einmal gebumst oder öfter?“ geht er die Ex-Ehefrau Ingrid Caven an. Von Praunheim folgt der Schauspielerin Irm Hermann, die sich in den sechziger Jahren als Hauptfrau Fassbinders gefühlt hat, an dessen Grab. Den Regieassistenten Harry Baer begleitet er an die letzte Ruhestätte von Armin Meier, einem von Fassbinders Freunden. Irm Hermann freut sich über die Blumen auf dem Grab. Harry Baer sitzt recht stumm neben der ehemaligen Wirtin von Fassbinders Lieblingslokal. In dem Dokumentarfilm Für mich gab’s nur noch Fassbinder ist die Aufgabenverteilung klar. Die Frauen haben als Alkoholikerin, als Chansonette in Frankreich und manchmal erstaunlicherweise auch einfach so überlebt. Hanna Schygulla hat es „genossen, sich einer Potenz hinzugeben, die größer ist als meine“. Ursula Strätz, die Fassbinder im Action-Theater, dem späteren Anti-Theater entdeckte, liefert mit ihrer Aussage dem Film den Titel. Ingrid Caven ist wie Hanna Schygulla Romy Schneider nach Frankreich gefolgt, ohne kaputt zu gehen. Die Männer dagegen sind tot, wie El Hedi ben Salem, der Hauptdarsteller aus Angst essen Seele auf, und Armin Meier. (…) (Quelle: Kristof Schreuf 'junge welt').
Rosa von Praunheim und Fassbinder begannen etwa zur selben Zeit Filme zu machen. Nachdem beide zunächst in den 60er Jahren von der Filmhochschule Berlin abgelehnt worden waren, machten sie bald darauf Karriere als Filmregisseure - je auf ihre ganz eigene Art. Das Verhältnis von Rosa von Praunheim und Rainer Werner Fassbinder war seit ihrer ersten Begegnung gespannt. Anfangs arbeiteten sie mit zum Teil denselben Schauspielern. Praunheims Abneigung gegen Fassbinder war so groß, dass er auf dessen Tod 1982 erleichtert reagierte: „Endlich war der Filmgigant tot, dessen ständige Produktivität mich in Angst und Schrecken versetzte, der mir immer wieder zeigte, dass ich im Vergleich zu ihm in den Augen der Öffentlichkeit nichts bin. Heute sehe ich das anders. Wir profitierten alle von seinem internationalen Ruhm. Er schaffte überall im Ausland Interesse auch für unsere Filme.“ Wenn sich Rosa von Praunheim mit Fassbinder beschäftigt, dann tut er das als Zeitgenosse und Konkurrent. Im Mittelpunkt stehen dabei Fassbinders weibliche Stars von Hanna Schygulla bis Jeanne Moreau. Irm Hermann, die Fassbinder von Anfang an begleitete und in 19 seiner Filme spielte, kommt eine besondere Rolle zu. Ebenso besucht Rosa von Praunheim Ursula Strätz, die in München das Action-Theater gründete, wo Fassbinder zum ersten mal auf der Bühne stand. Außerdem spricht er mit der Wirtin von Fassbinders Münchner Stammkneipe, mit der kürzlich verstorbenen Barbara Valentin, mit seiner Cutterin und Nachlassverwalterin Juliane Lorenz, um der Persönlichkeit und Arbeitsweise Fassbinders nachzuspüren. Der Schauspieler Harry Baer, den Rosa von Praunheim als „weiblichen Mann“ bezeichnet, kommt ebenso vor wie Fassbinders Kameramann Michael Ballhaus. Statt nüchterner und eitler Stellungnahmen bestimmen Träume, Wünsche, Erwartungen und Enttäuschungen die Erinnerungen an Fassbinder. Wie in vielen seiner Filme, entlarvt Praunheims dokumentarischer Blick das Klischee und ermöglicht es so, das 'Phänomen Fassbinder' auf neue Art zu sehen. Die Auseinandersetzung Praunheims mit Fassbinder wird so zu einem wichtigen Stück deutscher Filmgeschichte. (Quelle: 3sat online)
BUCH & REGIE: Rosa von Praunheim
KAMERA: Elfie Mikesch
SCHNITT: Mike Shepard
MUSIK: Peer Raben
MIT:
Irm Hermann, Peer Raben, Hannah Schygulla, Doris Mattes, Harry Baer, Michael Ballhaus, Peter Berling, Francine Brücher, Ingrid Caven (Stimme am Telefon), Sybille Danzer, Wolf Gremm, Juliane Lorenz, Eva Mattes, Brigitte Mira, Jeanne Moreau, Sonja Neudorfer, Barbara Valentin, Ursula Strätz, Harald Juhnke
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http://www.rosavonpraunheim.de/ [2024-05-14]