Die Hand mit der filterlosen Zigarette zittert. Die Großaufnahme der Fernsehkamera tastet jede Falte, jeden Bartstoppel ab, offen und voyeurhaft auf der Suche nach dem Dieb, dem Dichter, dem Mythos Genet. Seine Augen sind immer noch voller List und Schlauheit. Es dauert nicht lange, da hat er auch schon seine Interviewer in die Enge getrieben. Er wettert und schimpft auf Berlin. Es sei nun eine "amerikanische Stadt". 1935 sei er hier noch gewesen und habe sich damals in deutsche Männer verliebt. Heute würden sie ihn nicht mehr aufregen: Für Erotik sei Deutschland verloren.
Die ungewöhnliche Fernsehdokumentation von und mit Jean Genet, dem Theaterregisseur Hans Neuenfels und dem Literaturkritiker und Autor François Bondy erlaubt in der Gesprächssituation einen intimen Blick auf einen der bedeutendsten französischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts und gleichzeitig wie durch einen Zeittunnel auch einen Blick in die Zeit der Entstehung der Dokumentation - auf die damalige Diskussionskultur und das damalige Fernsehen. Jean Genet starb 1986 in Paris. Dieses Porträt ist eine der letzten Filmaufnahmen vor seinem Tod.
Ein Film von Jean Genet, Hans Neuenfels und François Bondy.
(Quelle: www.zdf.de)/eh