Bartleby, der Schreiber“ ist eine der Geschichten, die ihrer Zeit insbesondere in Hinblick auf den Protagonisten mehr als einen Schritt voraus ist. Sie lässt frühe Züge späterer kafka´scher Geschichten erkennen, auch wenn die erzählerische Perspektive durch die Nutzung eines Ich- Erzählers verzerrt wird. Dieser ältere Notar hat sich auf einträgliche, aber nicht mehr aufregende Nebentätigkeiten der Juristerei spezialisiert und beschäftigt in seinem kleinen Büro in der Nähe der Wall Street insgesamt drei Schreiber. Gleich zu Beginn beschreibt Melville das Büro als lichtlos, von Holzhäusern umstellt, im Schatten der Wall Street, die noch nicht das Mekka der Finanzwelt ist, aber zumindest als bessere Gegend in New York gilt. Fast grotesk überzeichnet der Autor die drei Schreiber, stellt sie als Karikaturen von modernen Dienern dar und macht sich ein Vergnügen daraus, ihre Schwächen bloßzustellen. Vor diesen bemitleidenswerten Kreaturen wirkt der bescheidene neue Angestellte Bartleby normal. Er beginnt seine einfachen Kopierarbeiten mit sehr viel Enthusiasmus und Fleiß. Zum Kopieren von Verträgen gehört auch die gegenseitige Kontrolle, die Bartleby schnell mit den Worten „ich möchte lieber nicht“ ablehnt.
(Thomas Harbach)(RS)
James Thiérrée, Georges Claisse, Heinz-Werner Kraehkamp.