INTERNATIONALES THEATERINSTITUT / MIME CENTRUM BERLIN

MEDIATHEK

FÜR TANZ

UND THEATER

MCB-DV-976

one more than one

Beschreibung
Die schmale Frauengestalt steht uns abgewandt, schaut nach hinten, wie um noch einen Moment bei sich selbst zu sein, ehe sie ihr Inneres öffnet. Ihr schlichter Rock ist lindgrün: Es gibt Hoffnung. Zu Beginn von "one more than one", das eine Solo-Trilogie beschließt, ruft sich Riki von Falken die ersten beiden Schritte auf dem mühsamen Weg von einer alles verändernden Verlusterfahrung zurück ins Leben körperlich in Erinnerung. Sie tanzt Motive aus "White Linen" und "Wach". Steif und rastlos pendeln die Arme eng um den Körper wie ein rotierender Schutzschild, der seine Durchlässigkeit mit Tempo zu kompensieren versucht. Dann ein Innehalten: Zögerlich fahren die Hände am Oberkörper entlang, greifen nach etwas, das nicht mehr zu fassen ist, umfangen den Nacken wie einen Fremden - eine Umarmung, die lindert. War das persönliche Erleben der Ausgangpunkt für von Falkens zarte, aber ungemein kraftvolle Arbeit, so findet die Choreografie auch in "one more than one" wieder zu kühlem, formstarken Ausdruck, der jeder Reduzierung auf das Private widersteht. Es ist entscheidend, dass die 46-jährige Tänzerin in kurzer Folge ihren Mann, den Bildhauer Günther Anlauf, der nach schwerer Krankheit und einem 180 Tage dauernden Aufenthalt auf der Intensivstation gerade wieder genesen schien, und ihre Mutter verlor. Und es tut zugleich nichts zur Sache. Denn was die Trilogie uns über Todesängste und unermüdliches Hoffen, über Selbstverlust und heilsame Stille erzählt, geht über das Einzelschicksal hinaus. Nach dem plötzlichen Herausfallen aus dem Leben und seiner ersten, zögerlichen, Wiederentdeckung findet von Falken in "one more than one" zur Musik von Steve Reich, Heiner Goebbels und Beat Furrer zu einer neuen, schüchternen Leichtfertigkeit. Manchmal wirkt die reife Tänzerin wie ein Mädchen, das der Logik von Geburt und Tod die eigene, suchende Flüchtigkeit mal trotzig, mal gelöst entgegenstellt. Zäh stemmt sich ihr Körper in den Boden, pumpen die vor der Brust angewinkelten Arme Energie wie ein Insekt neue Kraft zum Fliegen. Ein unsicherer Blick in den Spiegel der eigenen Handfläche, dann wieder selbstbewusst nach vorn, direkt ins Publikum. Das Gewicht der Erinnerung, das sie anfangs noch aus der Balance brachte, ist nach einer geballten Dreiviertelstunde ein Teil von ihr. Und die Selbstumarmung, der wohltuende, aber unehrliche Trost, nicht mehr notwendig. (Quelle: Morgenpost)
Choreographie
Darsteller
Riki von Falken
Standorte
MCB
Aufnahmedatum
Samstag, 26. April 2003
Orte
Stadt
Berlin
Land
DE
Länge
42 min