Teil der Triologie "White Linen", "Wach" und "one more than one". Einhundertundachtzig Tage verbrachte die Tänzerin und Choreografin Riki von Falken auf der Station eines Krankenhauses, um ihren schwer erkrankten Lebensgefährten zu pflegen. Von diesen einhundertundachtzig Tagen, von der ständigen Überwachung durch Maschinen und Personal, vom permanent hell erleuchteten Raum, vom still liegenden Körper des Erkrankten, handelt ihr neues Solostück "White Linen". Es ist der Versuch, nicht nur von einer Kommunikation jenseits der Worte, sondern auch jenseits eines gefestigten Lebensgefühls zu berichten. Von einer Kommunikation, die nur über den Körper stattfindet und der die Sphären von Leben und Tod, von Wachsein, Schlafen und Bewusstlosigkeit durcheinander gekommen sind. "White Linen" ist ein unerhört persönliches Stück. Vor unseren Augen legt die Tänzerin schwach und empfindlich ihren Körper bloß.
Riki von Falken arbeitet viel mit geometrischen Figuren, so radidkal persönlich das Stück auch ist, alles Privatistische ist ihm fremd. Es geht um Diagonalen und Geraden, die in den Raum gezeichnet werden, mit einer Klarheit und Entschiedenheit und doch zugleich einer Fragilität, die die Bewegung schon im Moment der Ausführung als etwas frei Schwebendes, Gefährdetes erscheinen lässt. Manchmal hebt die Tänzerin ihren Arm und lässt ihre Hand wie ein zitterndes, unbestimmt hin- und herschwingendes Blatt Richtung Boden sinken. Es gibt Bewegungen, die in ihrer ständigen Wiederholung zum Ritual zu erstarren drohen, andere, die immer kleiner und kleiner werden, auf einen Nullpunkt zulaufen und dann doch einen Durchgang in ein Anderes finden. "White Linen" ist eine Bewegungs-Meditation über den Schmerz und manchmal der Beschwörungsgesang einer Lebenden an einen Sterbenden, doch wieder ins Leben zurückzukehren. Das Stück lebt von seiner bestürzenden Wahrhaftigkeit und von der zuweilen surrealen Form, dieser flirrenden Unwirklichkeit einer überbeanspruchten Wahrnehmung; von einer Entrückung, der von Falken in nur noch von Ferne kenntlichen Bewegungen, die sie dem Alltag des Krankenhauses entlehnt hat, eine Form verleiht. (Quelle: Berliner Zeitung vom 21.3.00)
Master auf DV-832.
Riki von Falken