INTERNATIONALES THEATERINSTITUT / MIME CENTRUM BERLIN

MEDIATHEK

FÜR TANZ

UND THEATER

MCB-DV-7738

Nach dem Ende kommt noch was

Beschreibung

Mit jedem Versuch, Identität in einfachen Worten zu fixieren, zerrinnt sie in unzählige Einzelteile. Setzt man diese wieder wie gewohnt zusammen, entsteht ein neues Bild. "Hyoung-Min Kim ist Tänzerin." Diese Aussage ist wohl wahr und doch nicht vollständig. In ihrem neuen Solo beschäftigt sich die

Choreografin und Performerin mit diesem irritierend flüssigen "ist". Für "Nach dem Ende kommt noch was" überantwortet sie ihre Identität der Tänzerin Anna-Luise Recke. Die Performerin bespiegelt die ihr fremde Erfahrungswelt von allen Seiten, schlüpft in die Haut der Choreografin, ohne ihre eigene Identität zu verbergen. In der Performance riskieren beide dabei alles: die Erinnerung an das, was war, genauso wie die Hoffnung auf das, was kommt. Hyoung-Min Kim öffnet ihr Körperarchiv, wagt den physischen Ausbruch aus dem Gewohnten und traut sich schließlich, sich selbst ins Antlitz zu blicken ' sei dies schmerzhaft oder nicht. Ihr unausweichliches vis-à -vis ist dabei Anna-Luise Recke: Auf ihrem Körper entsteht ein Kaleidoskop verschiedener Individualitäten; spielerisch entfaltet sie Möglichkeiten, sich auf der Bühne ihrer selbst zu vergewissern. Vielleicht ist die Frage nach der Identität das größtmögliche Risiko; das Risiko, sich im Finden zu verlieren. Hyoung-Min Kim stellt und teilt diese Frage: offen, körperlich, stark und poetisch. Gemeinsam mit Anna-Luise Recke erkundet sie dazu Strategien, die tradierte Praxis der Identitätspolitik zu unterwandern. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne - und jedem Ende ein Anfang.


Das Denken ist doch etwas ganz Körperliches, ganz physisch. Springen, physisch, und wenn ich nach einer Idee, die sich nicht so greifen lässt, sich nicht so begreifen lässt, springe, dann gibt es in meinem Körper eine ähnliche Bewegung. (Jean-Luc Nancy)

Alles Seiende berührt alles Seiende, doch das Gesetz des Berührens ist Trennung, und mehr noch, es ist Heterogenität der Oberflächen, die sich berühren. Der Kontakt ist jenseits von voll und leer, von gebunden und ungebunden. (Jean-Luc Nancy)

Die Empfindung von Schwäche und Mangel trieb den Menschen zu seinen größten Erfindungen und selbstgemachter Stärke. Das Ich ist ein Vexierbild aus Stärken und Schwächen, irisierend und irritierend. Betrachten wir uns selbst, verdoppeln wir uns wie in einem Spiegel; wir erschaffen uns quasi noch einmal neu, um doch nur wir selbst zu werden. Um nur einmal aufrichtig "ich" sagen zu können, stellen wir uns tausendfach auf die Probe, riskieren vergangene Sicherheit und fällen weiter unsere Entscheidungen.  (Thomas Schütt)

Allein sein ist entscheidend; der Zuschauer ist alleine im Theater. (...) Das Theater ist dieser wundersame Ort, an dem wir zusammen alleine sind. (Jérôme Bel)


/ ENGLISH /

Thinking, after all, is something rather corporal. Physical! You know, when I leap physically, and when I leap for an idea, which is not easy to grap, which is not easy to realize, then there is a similar movement within my body. (JeanLuc Nancy)

All of being is in touch with all of being, but the law of touching is separation; moreover, it is the heterogeneity of surfaces that touch each other. Contact is beyond fullness and emptiness, beyond connection and disconnection. (JeanLuc Nancy)

The feeling of fragility and fault drove mankind to its greatest inventions and selfmade strength. The I is a picture puzzle of fragility and strength, iridescent and irritating. When we consider ourselves, we double up ourselves like in a mirror; as if we recently created ourselves just to become ourselves. Only to be able to say "I" honestly once, we challenge ourselves a thousand times, we risk bygone security and go on making decisions. (Thomas Schütt)

Being alone is essential; the spectator is alone in the theatre. (...) The theatre is this miraculous space where we are alone, together. (Jérôme Bel)


/ CAST & CREDITS /

Concept / Choreography / Performance: Hyoung-Min Kim

Choreographic collaboration: Anna-Luise Recke

Dramaturgy: Thomas Schütt

Light design: Benjamin Schälike

Music: Mattef Kuhlmey

Production management: Benjamin Schälike & Monica Ferrari

Press: björn & björn


A production by Hyoung-Min Kim.

Sponsored by the Capital Culture Fund.

Produced in and supported by DOCK 11 EDEN *****.


[jup/msb] https://www.tanzforumberlin.de/en/production/nach-dem-ende-kommt-noch-was/ [24.03.2020]

Choreographie
Dramaturgie
Darsteller
Musik
Licht
Standorte
MCB
Aufnahmedatum
Donnerstag, 25. Juni 2015
Orte
Stadt
Berlin
Land
Deutschland
Kamera
Walter Bickmann
Länge
72 min