Die Antizipation und Reflektion gesellschaftlicher Zustände und ihre Transformation in autonomes künstlerisches Handeln prägen seit jeher die Arbeit der Tanzcompagnie Rubato. Mit Uncertain States haben Jutta Hell und Dieter Baumann seit dem Winter 2013 ein Projekt entwickelt, das in diesen Tagen mit besonderer Aktualität aufgeladen ist.
Wir leben in einer Welt, in der sich unumstößlich geglaubte ideologische, ökonomische und politische "Fundamente", auf denen Gesellschaft und Kultur basierten, in Auflösung befinden. Feste Werte- und
Repräsentationssysteme in unserer Kultur und Gesellschaft verflüchtigen sich, zerfallen in einem Prozess der geschmeidigen oder bruchartigen Veränderung und Anpassung.
Diese umfassende Deregulierung erzeugt auch für jede/n Einzelne/n eine neue Realität, die zunehmend nicht mehr homogen und überschaubar ist. Das hat positive und negative Auswirkungen:
einerseits die Freiheit und die kreative Möglichkeit, einen individuellen Lebensentwurf zu konstruieren, andererseits die Unsicherheit und Unkalkulierbarkeit in Bezug darauf, wie sich Lebensverhältnisse und Lebensplanung weiterentwickeln.
Durch Verknüpfungen, Variationen, Zeitverschiebungen der individuellen Bewegungsspuren erschaffen Hell und Baumann konsequent ein künstlerisches System, in dem die Tänzerinnen und
Tänzer mit immer mehr und vielen verschiedenen Parametern gleichzeitig umgehen müssen. In einer Dynamik der ständigen Veränderung und der Zunahme an Komplexität wird aus Kontrolle
Kontrollverlust, aus Sicherheit Unsicherheit, aus Stabilität Instabilität
Uncertain States gibt so dem Verhältnis zwischen Weltentwicklung und subjektiven
Wahrnehmungszuständen eine choreografische Vielschichtigkeit, die dieses ebenso befreiende wie verstörende Phänomen für das Publikum mental und physisch erlebbar macht.
[Quelle: Abendzettel & PR Text]
jup
Mercedes Appugliese, Anja Sielaff, Dieter Baumann, Carlos Osatinsky, Fernando Pelliccioli