I kept thinking while I was dreaming that all this meant something, that there was some other meaning in it that I had to find out.
SPELLBOUND / ALFRED HITCHCOCK
TRÄUME BESTIMMEN UNSEREN ALLTAG vielleicht mehr als uns bewusst ist. Mit einem unbestimmten Gefühl entlassen sie uns aus dem Schlaf oder holen uns während des Tages wieder ein. Ihre Bedeutung erschließt sich uns jedoch nur selten ' dabei ist der/die Träumende doch AutorIn, ZuschauerIn und zumeist auch Protagonistin in einer Person. Auf einer Bühne des Träumens dringen die PerformerInnen in Dreamed Apparatus zu diesem Ort an der Grenze unserer Bewusstseinslagen vor und erkunden spielerisch unsere nächtlichen Wiesen des Seins und die Erinnerung daran. Was hat der Traum der Wirklichkeit voraus? Welche Möglichkeiten eröffnet uns seine Funktionsweise? Ihre Handlungen, Worte, Geschichten und Gesten verbinden sich im Möglichkeitsraum des Theaters zu einem Apparat, der die gewohnte Logik durchbricht und spielerisch die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit unterwandert. Als Soundkulisse und Text kommen in Dreamed Apparatus Auszüge aus Alfred Htchcock's Spellbound (1945) zum Einsatz, dem ersten Film in der Geschichte, der sich mit Träumen und Psychoanalyse beschäftigte. Hitchcock nutzt hier die Eigenschaften des Films als Apparatur zur Herstellung von Träumen. An diesen Aspekt knüpft Dreamed Apparatus an: Nicht die Deutung und Entschlüsselung von Träumen, vielmehr ihre Erweckung steht im Vordergrund ' ganz im Sinne des Surrealismus', den Traum in der Kunst nicht den Ursprung, sondern das Ziel sein zu lassen. Zugleich ist Dreamed Apparatus als Auseinandersetzung mit der eigenen Kunstform zu sehen: ein Ausloten der Möglichkeiten von Choreografie und seiner strukturierenden Elemente. Traditionell verbindet man mit Choreografie ' getreu seiner Wortbedeutung: "Schreiben von Tanz" ' die Strukturierung und Archivierung von Tanz. Dreamed Apparatus dreht dieses Verhältnis um: Aus dem Schreiben von Tanz wird auf der Bühne der Tanz des Schreibens.
Die Arbeit von CLÉMENT LAYES ist in PUBLIC IN PRIVATE eingebettet: eine Assemblage von Kollaborationen, die durch das geteilte Interesse an Alltagsgegenständen motiviert wurden. Wie 'verhalten' sich diese? Welches Verhalten erwarten wir von ihnen und was ist, wenn sie unseren Erwartungen nicht gerecht werden? Um das 'Verhalten' von Gegenständen zu untersuchen, entwickelt Public in Private Methoden, bei denen alle Elemente des Theaterapparates (Bühne, Licht, DarstellerInnen, Text) ins Spiel gebracht werden, um das Verhältnis zwischen dem Gegenstand und seinem Kontext zu überdenken. Mit Hilfe von Assoziation und Über-Bestimmung wird dabei der gewohnte Rahmen aufgebrochen und die Gegenstände werden in verschiedene Zusammenhänge gestellt.
Alltagskonstellationen werden spielerisch und geistreich zerstört, um die Dinge von ihrem üblichen Hintergrund loszulösen. In Allege (2010) testeten die KünstlerInnen das Potenzial einer Pflanze, eines Eimers, eines Stück Stoffs und eines Glases Wasser, um die Absurdität unseres sozio-ökonomischen Systems offenzulegen; in Things that surround us (2012) verwandelten sie die alltägliche Handlung des Fegens in eine metaphysische Meditation. In der aktuellen Performance Dreamed Apparatus erforschen sie, inwieweit eine Line aus Sand unsere Gedanken zu lenken vermag. Das Ergebnis sind Stücke, die Gegenstand, PerformerInnen und ZuschauerInnen an einem Ort zusammenführen, an dem die althergebrachten Verhältnisse keine Gültigkeit mehr besitzen. Und dort geschieht etwas Seltsames mit dem Gegenstand: Er fängt an zu vibrieren und sperrt sich dagegen, ganz im Milieu des menschlichen Wissens aufzugehen. Auf dieses Moment zielt Public in Private ab: das Moment, in dem der Gegenstand zu sprechen beginnt.
[Quelle: Abendzettel]
frm
Josephine Evrard, Felix Marchand, Justin Palermo, Ruth Waldeyer