WARTEN (31min.)
Warten ist ein evidenter Bestandteil des russischen Lebens. Warten auf den Kommunismus und damit auf ein besseres Leben, Warten auf den Kapitalismus und damit auf ein besseres Leben, Warten auf den Winter, Warten auf den Sommer, Warten auf den nächsten Bus, warten auf den nächsten Zug. Warten wird zur Lebensaufgabe: Morgen wird alles besser.
WARTEN ist eine "surreale Hommage an eine Jugend im Ural. Eine trügerische Landidylle: Von gleißendem Licht überstrahlt schlurfen drei Bäuerinnen auf die Bühne. Mit dem Einsatz eines elektronischen Klanggewitters wirbeln sie um die eigene Achse. Ein Hexentanz, die Lumpenkleider fliegen zu allen Seiten davon und geben drei junge Männer in schwarzem Straßenanzug frei.
Der Auftakt eines atemlosen Reigens, in dem Licht, Ton und Choreografie nahezu perfekt ineinandergreifen. Ein Fenster leuchtet auf, hinter den beschlagenen Scheiben frierende Frauen. Erst rieselt der Schnee, dann ertönt Vogelgezwitscher; der Flirt der Dorfjugend kippt jedoch bald ins Gespenstische: Die jungen Frauen entblößen ihre Brüste - umworben von Verehrern in Schwarz, doch bei der ersten Berührung schon hauchen sie ihr Leben aus. Zu Puppen erstarrt stehen sie inmitten alter russischer Bäuerinnen; ein Schlusstableau, hypnotisch wie verstörend."
Süddeutsche Zeitung 02.02.2002.
„STARREN IN DIE UNENDLICHKEIT (31min.)
ist dem russischen Choreografen Jewgenij Panfilow gewidmet, der vor ungefähr einem Jahr gestorben ist. Vielleicht ist die Aufführung aus diesem Grund so zurückhaltend und direkt, mit einem sehr klaren choreografischen Fokus. Aber, selbst wenn STARREN nicht durch diese Widmung unterstützt würde, würde sie sich durch die speziellen Eigenschaften von Olga Ponas Choreografie hervorheben: expressive Form und reine Bewegung, minimalistisch und gleichzeitig bedeutungsvoll, Soli und Gruppentänze. Die Tänzer - nur Männer, die Bühne ' unbearbeitete Holzhocker, die Musik ' Männerduette- oder soli, Volkslieder, die live auf der Bühne gesungen werden. Lieder und Tänze gehen ineinander über, wenn die Sänger scheinbar unbeabsichtigt Teil des Tanzes werden, und schaffen eine besondere maskuline intime Atmosphäre: hier wird nicht nur Kraft, sondern auch Fragilität enthüllt. Die Männer sind isoliert, suchen aber gleichzeitig nach Kommunikation.
Die Bewegung variiert von scharf bis weich, von langsam bis expressiv, als ob sie die starke Schulter eines Freundes, eine warme und friedliche Hand, eine Geste des Verzeihens und der Versöhnung spüren möchten. Gekleidet in einfache fast legere dunkle Anzüge machen die Tänzer den Eindruck, als ob sie gerade zufällig vorbeigekommen wären und nun ins Theater gefallen wären. Sie verschwinden fast im dunklen Raum. Aber wenn sie anfangen sich zu bewegen, in vom Choreografen kreierte Beziehungen zu treten, beginnt die Aufführung ein „maskulines Leben“ zu leben ' intensiv und voller Konzentration.“ Rasa Vasinauskaite in „Literatura ir menas“, 14.05.2003 (Quelle: HAU-Archiv)
Michael Abramov, Vladimir Golubev, Andrej Zykov, Vlad Morosov, Artiom Suchenko u.a.