INTERNATIONALES THEATERINSTITUT / MIME CENTRUM BERLIN

MEDIATHEK

FÜR TANZ

UND THEATER

MCB-DV-3201

ysteres

Beschreibung
Für die aktuelle Neuproduktion „ysteres“, die jetzt im Theater am Halleschen Ufer Premiere hatte, tanzen Monica Muñoz Marin und Evelin Stadler. Thematischen Mittelpunkt von „ysteres“ bildet ein Schlüsselthema der Moderne: die Hysterie. Orientiert an der berühmten, bis etwa 1880 vom Psychiater Jean-Martin Charcot in Paris zusammengetragenen Photo-Dokumentation des hysterischen Krankheitsbildes, sucht die Cie. Toula Limnaios nach szenischen Umsetzungsformen für die fast clowneske Verlorenheit, aber auch die kinetische und affektive Wucht der vielleicht rätselhaftesten psychopathologischen Erscheinung des 19. Jahrhunderts. Rasant geschnittene, aggressive Videoeinspielungen zeigen zunächst farbenfrohe Bildschirmschoner-Bällchen, dann Plastikmasken und -fratzen sowie Ballerina-Barbies und ähnlich billige Bildsäulensurrogate. Gegen diese Künstlichkeit der Plastikwelt und des Erstarrten setzen die beiden Tänzerinnen ihr Arsenal zwanghafter, entfremdeter und „wahnsinniger“ Bewegungen. Sie wechseln von Autoaggression zu kindlicher Selbstbetastung, sind rasend-getrieben oder beschaulich-sinnierend, versunken oder gehetzt. Meist nehmen sie sich gegenseitig dabei gar nicht wahr. Auf die Bühne gekommen waren sie in erschöpft gebückter Haltung, in eigenartig schlabbrigen, fleischfarbenen Bodies mit Körbchenübergröße, und als Zeichen der verdrängten seelischen Traumatisierung saß ihnen ein Stöckelschuh im Nacken. Nach ihrem klinischen Dialog mit derartigen Bild-Symptomen stehen Muà±oz und Stadler gebeugten Hauptes da. Eine Stimme spricht: „Die einzige Spur von Leben ' eine Gestalt.“ Deutlicher lässt sich der unbedingte Wille zur Bedeutung kaum formulieren. Trotzdem besteht die Kraft von „ysteres“ weniger in solch diskursiver Schwängerung, sondern in der hybriden Überlagerung von Videobild, Klangkulisse, Tanz und Ikonographie. Wie auch das erste Stück des Abends, die Wiederaufnahme von Limnaios’ Solos „vertige“ (Uraufführung war im Februar dieses Jahres), steht das Stück für beides: formale Recherche und beherzten Tiefgang. „ysteres“ hat allerdings das glücklichere Mischungsverhältnis gefunden. FAZ im Juni 2000, F.A. Cramer
Gruppe / Compagnie / Ensemble
Choreographie
Darsteller
Standorte
MCB
Reihe
Aufnahmedatum
Donnerstag, 15. Juni 2000
Orte
Stadt
Berlin
Land
DE
Kamera
Thilo Wittenbecher
Länge
32 min
Schlagworte