In the dance performance TENNIS, Angela Alves examines sport, art and society for ableist and classist patterns of discrimination; exploring methods to confront them without losing her nerve. In the setting of a tennis court, the dancer takes up the racket and prepares to serve for a barrier-free future. For the crip artist from a so-called underclass background, the tennis court marks a space that was never intended for Angela Alves. In TENNIS, she claims the court for herself, making it her site for gentle self-empowerment.
A ball-throwing machine fires balls into the court. The actress Athena Lange is enthroned on the high seat, controlling the space as a referee, with the tennis coach on the screen in the background. But how does one hold one’s own in a demanding game when stress avoidance is the top priority? And how does one escape a social system that knows no boundaries without admitting defeat?
For the performance, Angela Alves studies the serve, forehand and backhand, and tirelessly practices the movements of the game with relish; finding a way to creatively adapt them to her needs. The result is a humorous choreography of sensitive resilience, which, via audio description, sign language and English subtitles, specifically ensnares numerous players in the hurdles of accessibility.
ANGELA ALVES takes her first long-awaited tennis lessons in the summer of 2022. She studied dance at the ArtEZ School of Dance in the Netherlands and dance studies at the FU Berlin. She lives and works as a freelance choreographer in Berlin and is a member of Backbone Berlin. In her artistic work she negotiates perceptions and constructions of “healthy” and “sick” bodies and is interested in the subversive potential in between. Her practice focuses on political dimensions of the unavailable body and explores its transformative potency through strategies of access, self-empowerment and self-care in classist and ableist pre-structured spaces. Alves is co-founder of TURN. New Movement for Multiple Sclerosis e.V. and IHMAR. Institute for Medical & Health Humanities and Artistic Research.
( angelaalves.de )
PERFORMANCE: Angela Alves, Athena Lange
CONCEPT, CHOREOGRAPHY: Angela Alves
DRAMATURGY: Alex Hennig
ARTISTIC ASSISTANCE, ACCESS WORK: Michel Wagenschütz
STAGE DESIGN, COSTUME: Mascha Deneke
MOVIE: Michelle Ettlin
SOUND: Christoph Rothmeier
AUDIO DESCRIPTION: Emmilou Rößling in collaboration with Silja Korn
LIGHT DESIGN: Susana Alonso
TENNIS COACHING: Ozan Filiz
THIRD EYE: Ania Nowak
PHILOSOPHICAL CONSULTATION: Svenja Flaßpöhler
MEDICAL CONSULTATION: Sabine Schadow
INTERNSHIP: Luise-Finn Tismer
PRODUCTION: honest work – free culture office
A production by Angela Alves in co-production with SOPHIENSÆLE and TATWERK | Performative Forschung.
Supported by the Senate Department for Culture and Europe Berlin and Fonds Darstellende Künste with funds from the Federal Government Commissioner for Culture and the Media within the framework of NEUSTART KULTUR.
With the kind support of Tennis Club Blau-Gold Wuhlheide e.V.
In der Tanzperformance TENNIS untersucht Angela Alves Sport, Kunst und Gesellschaft nach ableistischen und klassistischen Diskriminierungsmustern und erkundet Methoden, diesen zu begegnen, ohne die Nerven zu verlieren: Im Setting eines Tennis Courts nimmt die Tänzerin den Schläger in die Hand und macht sich bereit, für eine barrierefreie Zukunft aufzuschlagen. Für die Crip-Künstlerin mit sogenanntem Unterschichtshintergrund markiert der Tennisplatz einen Raum, der für Angela Alves nie vorgesehen war. In TENNIS behauptet sie den Platz für sich und macht ihn zu ihrem Ort für sanfte Selbstermächtigung.
Eine Ballwurfmaschine feuert Bälle ins Feld. Auf dem Hochsitz thront die Schauspielerin Athena Lange, die als Schiedsrichterin den Raum kontrolliert, im Hintergrund der Tennistrainer auf der Leinwand. Doch wie behauptet man sich in einem fordernden Spiel, wenn Stressvermeidung oberstes Gebot ist? Und wie entkommt man einem gesellschaftlichen System, das keine Grenzen kennt, ohne sich geschlagen zu geben?
Für die Performance studiert Angela Alves Aufschlag, Vorhand und Rückhand und übt lustvoll und unermüdlich die Bewegungsabläufe des Spiels, um einen Weg zu finden sie kreativ auf ihre Bedürfnisse anzupassen. Es entsteht eine humorvolle Choreografie der sensiblen Resilienz, die per Audiodeskription, Gebärdensprache und englischer Untertitelung im Hürdenlauf der Zugänglichkeiten zahlreiche Player*innen gezielt mitumgarnt.
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In dem Stück Tennis geht es um Sport, Kunst, Gesellschaft und um Diskriminierung. Tennisplätze richten sich nur an wenige Menschen. Zum Beispiel nicht an behinderte Menschen oder Menschen mit geringem Einkommen. In der Performance wird die Bühne zu einem Tennisplatz. Diesen macht Angela Alves zu ihrem Ort für sanfte Selbstermächtigung und fragt: Wie behauptet man sich in einem herausfordernden Tennisspiel als Person, für die Stressvermeidung oberste Wichtigkeit hat? Auf einem Schiedsrichterhochstuhl thronen die Schauspielerin Athena Lange und die Audiodeskriptionistin Emmilou Rößling. Als Schiedsrichterin kontrolliert Athena den Raum und stellt neue Regeln auf. Für die Performance studiert Angela Alves Aufschlag, Vor- hand und Rückhand. Sie übt lustvoll und unermüdlich die Bewegungsabläufe des Tennis. Sie will die Bewegungsabläufe kreativ auf ihre Bedürfnisse an- passen. Dabei entsteht eine humorvolle Choreografie der Widerstandskraft.
HINTER DEM NETZ IST VOR DEM NETZ.
Dramaturginnen-Einblick in eine Performance über den von intersektionaler Diskriminierung verursachten Daseinsstress
Alex Hennig in tanzraumberlinmagazin, Sept/Okt 2022…
Für Tennis ziehen wir die vierte Wand des Theaters wieder ein – wir spannen ein metaphorisches Netz quer über die Bühne, weil wir euch in Ruhe lassen wollen mit dieser postdramatischen Involviertheits- und Verantwortungsgeschichte. Und auch ganz praktisch, damit niemand einen Ball an den Kopf bekommt.
ACCESS VS AUFSCHLAG
Es gibt diese spezifische Art von Stress, die durch reale oder eingeredete Ohnmacht, durch das subtile Gefühl des Ausgeliefertseins, fehlende Handlungsmöglichkeiten oder Selbstwirksamkeit ausgelöst wird. Diesen Stress kennen Menschen sehr gut, die von struktureller Gewalt und Ausschluss betroffen sind – arme Menschen zum Beispiel, Menschen mit Behinderung, BIPoCs, quasi irgendwie alle, die aus dieser diffus zu greifenden und doch so mächtig agierenden „Norm“ herausfallen.
Der Stress, den „Aufsteiger*innen“, die es „trotz“ ihrer Benachteiligung – ihrer Behinderung, ihres Aussehens, ihrer Herkunft oder ihrer sozioökonomischen Voraussetzungen – geschafft haben, sich in einem herrschenden, exkludierenden System wie dem Theater durchzusetzen, bleibt bestehen. Du bist, bewusst oder unbewusst, permanent damit beschäftigt, nicht aufzufliegen oder dich selbst nicht wieder ins Aus zu katapultieren. Imposter- oder Hochstapler*innen-Syndrom könnte man dazu sagen.
Im zeitgenössischen Theater meinen wir es gut. Wir bemühen uns doch wirklich ganz doll, diversen, bisher nicht mitgedachten Menschen einen Zugang zur Kunst zu ermöglichen und unsere eigenen Privilegien selbstkritisch zu hinterfragen. Und wir machen Fortschritte, werden immer besser, obwohl es echt nicht leicht und oft super anstrengend ist, all diese Ismen mitzudenken – und am Ende kann man es eh nicht allen recht machen. Es ist echt stressig geworden hier: auf der einen Seite die Woke1-Leute, die immer die neuesten Begriffe parat haben; da drüben die, die alles richtig machen wollen und trotzdem Teil des Problems sind (wie die Autorin dieses Textes in weiten Teilen) – und hier die Leute, die von der ganzen Misere betroffen sind und deswegen laut und fordernd und unnachgiebig bleiben. Wenn wir uns jetzt die Bälle zuspielen, dann, weil es gut ist, dass wir zumindest mal auf dem gleichen Spielfeld stehen
Danke, dass ihr da seid, Leute!
Für Tennis ziehen wir die vierte Wand des Theaters wieder ein – wir spannen ein metaphorisches Netz quer über die Bühne, weil wir euch in Ruhe lassen wollen mit dieser postdramatischen Involviertheits- und Verantwortungsgeschichte. Und auch ganz praktisch, damit niemand einen Ball an den Kopf bekommt.
Wenn Angela Alves für Tennis ins Spiel geht, dann vor dem Hintergrund einer anderen Strategie der Selbstfürsorge innerhalb eines Systems, das es nicht erlaubt, nicht mithalten zu können, und das daher dazu auffordert, gut auf sich selbst und die anderen aufzupassen.
Als Crip2-Künstlerin mit „Unterschichtenhintergrund“ nimmt Angela den Schläger in die Hand und behauptet einen Platz für sich, der für sie nicht vorgesehen war. Wer in den 80er Jahren im Ruhrgebiet in sogenannten sozial schwachen Strukturen aufwächst, kann in der Freizeit auf dem Fußballplatz abhängen oder vielleicht in einen Handballverein wechseln. Tennis aber ist etwas für die Anderen, der Tennisplatz liegt nicht in Reichweite, sondern alles daran außerhalb des eigenen Horizonts, weil sowieso viel zu teuer, und überhaupt.
Deswegen holt Tennis den Tennisplatz auf die Bühne. Hier fragen die beiden Performer*innen Angela Alves und Athena Lange, wie sie sich jetzt verhalten, wo sie es schon einmal hierher geschafft haben. Als Taube Schiedsrichterin und chronisch kranke Tennisprofispielerin verhandeln sie die Regeln neu, an die sie sich zu lange angepasst haben, schlagen auf und … punkten.
2 Crip ist eine Selbstbezeichnung von behinderten und chronisch kranken Menschen und kann als aktivistischer Begriff verwendet werden.
1 Woke steht für die Wachsamkeit gegenüber struktureller Diskriminierung, Rassismus aber auch Klassismus, Ableismus. Dieser Text distanziert sich von der gegenwärtigen Kritik an Wokeness und „Cancel-Culture“ und positioniert sich grundlegend für Wokeness.
ANGELA ALVES nimmt im Sommer 2022 ihre ersten lang ersehnten Tennisstunden. Sie studierte Tanz an der ArtEZ School of Dance in den Niederlanden und Tanzwissenschaft an der FU Berlin. Sie lebt und arbeitet als freie Choreografin in Berlin und ist Mitglied bei Backbone Berlin. In ihrer künstlerischen Arbeit verhandelt sie Wahrnehmungen und Konstruktionen von „gesunden“ und „kranken“ Körpern und interessiert sich für das subversive Potential dazwischen. Ihre Praxis fokussiert politische Dimensionen des unverfügbaren Körpers und untersucht dessen transformative Potenz anhand von Access-, Selbstermächtigungs- und Selbstfürsorgestrategien in klassistisch und ableistisch vorstrukturierten Räumen. Alves ist Mitbegründerin von TURN. Neue Bewegung für Multiple Sklerose e.V. und IHMAR. Institute for Medical & Health Humanities and Artistic Research.
( angelaalves.de )
/ BESETZUNG & CREDITS /
PERFORMANCE: Angela Alves, Athena Lange
KONZEPT, CHOREOGRAFIE: Angela Alves
DRAMATURGIE: Alex Hennig
KÜNSTLERISCHE ASSISTENZ, ACCESS WORK: Michel Wagenschütz
BÜHNENBILD, KOSTÜM: Mascha Deneke
FILM: Michelle Ettlin
SOUND: Christoph Rothmeier
AUDIODESKRIPTION: Emmilou Rößling in Zusammenarbeit mit Silja Korn
LICHTDESIGN: Susana Alonso
TENNIS COACHING: Ozan Filiz
THIRD EYE: Ania Nowak
PHILOSOPHISCHE BERATUNG: Svenja Flaßpöhler
MEDIZINISCHE BERATUNG: Sabine Schadow
HOSPITANZ: Luise-Finn Tismer
PRODUKTION: ehrliche arbeit – freies Kulturbüro
Eine Produktion von Angela Alves in Koproduktion mit SOPHIENSÆLE und TATWERK | Performative Forschung.
Gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa Berlin und Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR.
Mit freundlicher Unterstützung von Tennis Club Blau-Gold Wuhlheide e.V.
[msb]
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