Die Drag-Legende und selbsternannte Queen of the Heavens and of the Earth Olympia Bukkakis rückt mit Lipsync, Tanz, Video und Storytelling der Frage auf den Leib, welchen Platz der aktuelle Feminismus-Diskurs Transidentitäten und Drag-Praktiken einräumt. Dafür wagt sie den Rückgriff auf ihre eigene Familiengeschichte: Denn nicht nur für Bukkakis hatte die externe Beurteilung ihres Körpers, der bei der Geburt männlich bestimmt wurde, einen tiefgreifenden Einfluss auf ihre Existenz in der Welt. Ihre Mutter und deren fünf Schwestern üben aufgrund der weiblichen Zuschreibungen auf ihre Körper feminisierte Arbeit aus – also Berufe, in denen traditionell vermehrt Frauen tätig sind und die eine geringere gesellschaftliche Wertschätzung erfahren. Gerade am Beispiel von feminisierter Arbeit und ihrer geringeren gesellschaftlichen Wertschätzung findet Bukkakis Schnittstellen zu ihrer eigenen Arbeit als Dragperformerin: in Form von geteilten Verletzlichkeiten, Stärken und Resilienzstrategien. So schafft sie in ihrer Performance einen Raum für Anerkennung und neue Bande feministischer Solidarität abseits von fixen Geschlecht-, Gender-, und Generationsgrenzen.
Du weißt, dass die Leute sagen, alles geschieht aus einem bestimmten Grund. Also ich denke, das ist eine schreckliche Behauptung, eine dumme Behauptung. Und die Leute sagen: „Warum sollte dir das passieren?” Und ich sage „Warum sollte es mir nicht passieren?“ Niemand ist etwas Besonderes, niemand… Guten Menschen passieren gute Dinge… und schlechten Menschen genauso… und schlechte Dinge passieren jedem…
Leonie Hughes, Krankenschwester, Mutter, Großmutter, Tante von Olympia Bukkakis
In einem Jahr der kollektiven und persönlichen Traumata führte Olympia Bukkakis vier Interviews mit cis-geschlechtlichen Frauen in ihrer Familie: mit ihrer Mutter, zwei Tanten und ihrer kleinen Schwester. Sie sprachen über leidvolle Erfahrungen, häusliche und außerhäusliche Arbeit und Ausdauer. Aus diesen Gesprächen, ihren eigenen persönlichen Erfahrungen und den Gegenständen und Handlungen, mit denen wir uns im alltäglichen Leben beschäftigen, entwickelte Olympia zusammen mit Kollaborateur*innen Aufführungsmaterial.
Für A Touch of the Other greift Olympia auf ihren Hintergrund als Drag- Künstlerin zurück und erkundet das Potenzial dieser Art von Performance, um sich mit den gelebten Erfahrungen und Kenntnissen von Frauen auseinanderzusetzen. Die Unterschiede und Überschneidungen zwischen Bukkakis‘ verkörperter Existenz als Trans-Drag-Performerin und der ihrer weiblichen Cis-Verwandten aus einer weißen Arbeiterfamilie in Neuseeland werden mit der traditionellen Beziehung zwischen Drag-Performance und den Frauen, die sie „imitiert“, ins Gespräch gebracht. Dabei setzt sie sich kritisch mit der etablierten Tradition innerhalb der Drag-Performance auseinander, Sprache und Manierismen von Frauen aus der Arbeiterklasse darzustellen.
Olympia Bukkakis etabliert in ihrer Performance feminisierte Arbeit als eine Sphäre, die (Drag)Performer*innen und arbeitenden Frauen gemein ist. Diese Gemeinsamkeit bietet Möglichkeit zu einer Solidarität, die sexuelle, geschlechts- und generationsbedingte Unterschiede überwindet.
KONZEPT, PERFORMANCE, CHOREOGRAFIE: Olympia Bukkakis
DRAMATURGIE: Allison Wiltshire
BÜHNENBILD, VIDEO: Camille Lacadee
LICHT: Maika Knoblich
TON: Lyra Pramuk
KOSTÜM: Jay Barry Matthews
PRODUKTION: Lisa Gehring
PRODUKTIONSASSISTENZ: Paul Niedermeyer
CHOREOGRAFISCHE ASSISTENZ: Am Ertl
TEXT: Mindy Grumley, Daisy Grumley, Leonie Hughes, Tracey Maginn
Eine Produktion von Olympia Bukkakis in Koproduktion mit SOPHIENSÆLE.
Gefördert aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds.
With lipsync, dance, video and storytelling, the drag legend and self-proclaimed Queen of the Heavens and of the Earth, Olympia Bukkakis tackles the question of the role of trans identities and drag practices in the current feminist discourse. For this, she ventures to fall back on her own family history: for it is not only for Bukkakis that the external assessment of her body, which was assigned male at birth, has had a profound influence on her existence in the world. Because of the female ascriptions to her body, Olympia Bukkakis’ mother and her five sisters carry out feminised labour – professions traditionally occupied by women and less valued by society. It is precisely in the example of feminised labour and its lower social esteem that Bukkakis finds interfaces to her own work as a drag performer: in the form of shared vulnerabilities, strengths and resilience strategies. In this way, she creates a space for recognition and new ties of feminist solidarity beyond fixed gender, sex and generational boundaries.
You know, people say everything happens for a reason. Well, that’s just a dreadful thing to say, I think, a stupid thing to say… And people say “why would this happen to you?” And I say “why wouldn’t it happen to me?” Because nobody’s special, nobody is… Good things happen to good people… And bad people… And bad things happen to everybody…
Leonie Hughes, Nurse, Mother, Grandmother, Aunty of Olympia Bukkakis
During a year of collective and personal trauma Olympia Bukkakis held 4 interviews with cisgender women in her family: her mother, two aunties and her little sister. They spoke about suffering, labour in and out of the home and perseverance. Olympia then worked with collaborators to develop performance material from these conversations, her own personal experiences and the objects and actions we engage within everyday life.
For A Touch of the Other Olympia draws on her background as a drag artist to explore the potential of this kind of performance to engage with the lived experiences and knowledges of women. The differences and overlaps between Bukkakis’ embodied existence as a trans drag performer and those of her cis female relatives from a white working class family in New Zealand are put into conversation with the traditional relationship between drag performance and the women that it ‘imitates’. In doing so she engages critically with the established tradition within drag performance of portraying working class women’s speech and mannerisms.
Olympia Bukkakis takes feminised labour as a site where (drag) performers and working women may find commonalities that can contribute to a solidarity that transgresses sexual, gender and generational difference.
CONCEPT, PERFORMANCE, CHOREOGRAPHY: Olympia Bukkakis
DRAMATURGY: Allison Wiltshire
STAGE DESIGN, VIDEO: Camille Lacadee
LIGHT: Maika Knoblich
SOUND: Lyra Pramuk
COSTUMES: Jay Barry Matthews
PRODUCTION: Lisa Gehring
PRODUCTION ASSISTANT: Paul Niedermeyer
CHOREOGRAPHIC ASSISTANCE: Am Ertl
TEXT: Mindy Grumley, Daisy Grumley, Leonie Hughes, Tracey Maginn
A production by Olympia Bukkakis in co-production with SOPHIENSÆLE.
Funded by the Capital Cultural Fund.
[msb]
https://www.tanzforumberlin.de/en/production/a-touch-of-the-other/ [2020-03-05]