Aus der Perspektive der Zellbiologie basiert jedes lebendige Wachstum auf dem Prozess der Mitose: In fünf Phasen choreographiert sie in der Kern- und Zellteilung die Bewegungen von Hunderten von Proteinen. Dabei führen kleinste Abweichungen zu der auch im Labor dramatischen Unterscheidung zwischen geregelter Erneuerung und bösartigem Wuchern.
In LIVING MATTERS treffen sich organische und anorganische Körper und Stoffe, reagieren auf- und miteinander. Statt einer Ordnung der Dinge rückt das Ordnen der Dinge in den Blick: ‚Leben‘ als biologisches Prinzip, das durch schematische Prozesse des Markierens und Klassifizierens unter dem Mikroskop überhaupt erst Gestalt annimmt, und Leben als unübersichtliche, undurchsichtige, eben: gelebte Überforderung überlagern sich.
I.
we might be aware that we are in front of something without being able to name it. und wieder versammeln sie sich um die ache kreisförmige schale aus glas. something is the case. a thing is so and so. ein spiegel aus wasser. ein loch im gesichtsfeld.
II.
in science you deal with a lot of colorless liquids and transparent material. you make things visible and you make things not visible. there is a connection. rot zu grün, dicht zu rund, flüssig zu watte. your cells continuously die. man versteht etwas nur, wenn man es auch bauen kann.
III.
fuck. this hurts. so war das nicht geplant. to be loving we willingly hear the other’s truth, and most important, we affirm the value of truth telling. jetzt nicht persönlich werden. the proof of the pudding is in the eating. der rote faden ist auch nur ein marker.
IV.
leben ist ein konzept. it’s very technical but i like it. das ist in der anderen kiste. the one who is lying has after all thought the truth. eine wucherung ist ein gewebe, das sich selbst webt. theoretically they all agree that the notion of truth is highly problematic.
V.
the truth is, we are not in control. kontrolle an und für sich genommen ist wissen. i’m happy that we’re all here together. vielleicht machen wir all das hier einfach nur, um uns um einander zu kümmern. as the case may be. die fähigkeit zu lügen und die fähigkeit zu handeln sind miteinander verknüpft. sie verdanken ihre existenz derselben quelle: der imagination.
VI.
unnecessary and unchosen suffering wounds us. it marks us. but what we allow the mark of our suffering to become is in our own hands.
VII.
a fungus is a little different than a cow. and a cow is a bit more similar to a human than a human to a plant. klarheit und schärfe im bild sind nicht dasselbe. this all seemed to make so much sense once. und jetzt?
degrade. bind. attach. condense. travel. extend. reform. separate.
VIII.
in all. cases. it was just. nothing special. or maybe nothing. or maybe something in between. in all the possible cases and there were so many. in all the possible and impossible cases. in all the possible ...
// Credits //
KONZEPT, PERFORMANCE: Eva Meyer-Keller
CO-KREATION, PERFORMANCE: Tamara Saphir, Annegret Schalke, Agata Siniarska
MUSIK: Rico Lee
DRAMATURGISCHE ZUSAMMENARBEIT: Constanze Schellow
RECHERCHEPARTNERIN: Ilya Noé
KOSTÜM, REQUISITE: Sara Wendt
WISSENSCHAFTLICHE FORSCHUNG: Simone Reber und Forschungsteam
LICHT: Annegret Schalke
TECHNISCHE LEITUNG: Björn Stegmann
ASSISTENZ: Emilia Schlosser, Janine Iten
PRODUKTION: Ann-Christin Görtz, Maxi Menja Lehmann
Eine Produktion von Eva Meyer-Keller in Koproduktion mit SOPHIENSÆLE und PACT Zollverein.
Gefördert aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds.
Mit freundlicher Unterstützung von Kunstencentrum BUDA und Simone Reber / Reber Lab.
// AutorIn //
EVA MEYER-KELLER arbeitet an der Schnittstelle von Darstellender und Bildender Kunst aus der Haltung einer konstruktiven Missachtung von Genregrenzen heraus. Neben menschlichen Körpern performen in ihren Arbeiten alltägliche Objekte – Dinge, die sie Zuhause, im Supermarkt oder im Hobbykeller findet. Dieses choreografierte Basteln entfaltet eine obsessive häusliche Ästhetik. Meyer-Kellers Projekte entstehen oft in Zusammenarbeit mit anderen Künstler*innen u.a. mit Uta Eisenreich, Sybille Müller und Kate McIntosh. 2018- 2019 erhielt sie als erste Choreografin das dänische Forschungsstipendium RESA – Residency for Exchange and Sustainability in the Arts. Aktuell entsteht seit 2017 eine Trilogie in Auseinandersetzung mit Modellen, Verfahren und Konzepten aus den Naturwissenschaften (Some Significance, 2017; Living Matters, 2019). Dazu erscheint in drei Editionen und sieben Teilen das entfaltbare Künstlerbuch LM:M-M-A-E mit Ilya Noé als Co-Autorin.
Zu Meyer-Kellers zahlreichen eigenen Arbeiten zählen u.a. die Performances Death is Certain (2002, bis heute aufgeführt an mehr als 200 Orten weltweit), Pulling Strings (2013, KunstenFestivaldesArts Brüssel), die Installationen Volksballons (2004, Palast der Republik) und Handmade (2009, Palais de Tokyo Paris). Sie war beteiligt an Projekten von Baktruppen, Jérôme Bel, Juan Dominguez, Christine De Smedt / les Ballets C de la B, Agnes Meyer-Brandis und W.I.S.P. (women in Swedish performance art) beteiligt.
[efr] [Abendzettel] http://evamk.de/works