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Der Regisseur, Autor, Essayist und Programmmacher Boris Nikitin, in Basel geboren und Sohn ukrainisch-slowakisch-französisch-jüdischer Einwanderer, inszeniert in der internationalen freien Szene und an deutschsprachigen Stadttheatern. Er ist ausserdem Initiatior und künstlerischer Leiter des biennalen Festivals "It's The Real Thing - Basler Dokumentartage" in Basel.

Nikitins Theaterarbeiten, Texte und Festivals setzen sich, nicht zuletzt aufgrund seiner Herkunft, seit rund zehn Jahren mit der Darstellung und Herstellung von Identität und Realität auseinander. Die Stücke und Texte sind Grenzgänge zwischen Illusionstheater und Performance, zwischen Dokument und dessen Fälschung und suchen nach jenen Zonen des Uneindeutigen und Potentiellen, in denen Individualität und Handlungsfähigkeit neu denkbar werden.

Viele seiner Projekte spielen mit ihrer Rahmung. So inszenierte er eine reale Messe in einer Mormonen-Kirche („how to win friends & influence people“, Theater Freiburg/Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage, 2014), stellte bekannte Opernstars in eine gefakte Probebbühne ("Sänger ohne Schatten", Ruhrtriennale, 2014) oder setzte das Intendantenvorsprechen der Otto-Falkenberg-Schauspielschule München ins Programm der Münchner Kammerspiele („Das Vorsprechen“, Münchner Kammerspiele 2015). Für die internationale Ausstellung „insert14“ am Indira Gandhi National Centre for the Arts in Delhi erarbeitete er zusammen mit der indischen Künstlerin Zuleikha Chaudhari die Casting-Installation „Also the real thing“, in der sich SchauspielerInnen auf Jobsuche in einer einwöchigen Durationalperformance im Loop vorstellten.

In seinen letzten Projekten beschäftigt sich Nikitin vermehrt mit dem Verhältnis Krankheit und Kunst. Er entwickelte 2015 für das Projekt "X-Wohnungen Athen" eine Rauminstallation und ein Video im Sterbehospiz "Asylo Aniaton". Das Video stellte er im selben Jahr in Basel zusmmen mit anderen Skulpturen in der Gruppenausstellung "Summe" aus. Auch seine jüngsten, international tourenden Stücke  "Hamlet" und "Martin Luther Propagandastück" sowie zuletzt seine "Aufführung einer gefälschten Predigt über das Sterben" (Staatstheater Nürnberg) widmen sich dem Verhältnis von Krankheit, Verwundbarkeit und Realität.

Seit Oktober 2018 führt er im Rahmen einer nicht-fiktionalen Propaganda-Gesprächsreihe einmal im Monat ein Gespräch mit einer ausgewählten Persönlichkeit zum Thema "Macht und Verwundbarkeit". Gäste sind unter anderem Didier Eribon, Milo Rau, Dean Hutton, Peggy Piesche, Christian Weissgerber, Abt Peter von Sury und die Sterbehilfeorganisation EXIT.

Für sein Gesamtwerk wurde Nikitin 2017 mit dem J.M.R. Lenz - Dramatikpreis der Stadt Jena ausgezeichnet. Nikolaus Müller-Schöll, Professor für Theaterwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt schreibt in seiner Laudatio: «Es sind die verborgenen Möglichkeiten, eine Potentialität, die im Raum des Möglichen verbleibt, um derentwillen Nikitin seine Versuchsanordnungen aufbaut. Sein Theater lädt uns ein, im Bestehenden über das Bestehende wie seine Negation hinaus über das nachzudenken, was kommen mag: Anders als wir es erwarten, kritisch in jedem Sinne, ohne Grund, mag sein linkisch, in jedem Fall jenseits des Bekannten.»

"Hamlet hebt die Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit im zeitgenössischen Peformancetheater auf eine

neue Stufe.“ (Theater der Zeit, 2016)

"Wie wenig andere führt Boris Nikitin das Theater derzeit an einen kritischen Punkt" (Theater heute, 2016)

„Der Basler Regisseur treibt das Genre des Dokumentartheaters an seine Grenzen.“ 

(Tagesanzeiger, 2014)

"Nochmals wird deutlich, was Nikitins hochreflektierte Theaterarbeiten so bemerkenswert macht: dass er uns zeigt, wie selektiv, wie manipulierbar unsere Wahrnehmung ist, und ganz allgemein: dass er uns wahrnehmen lässt, wie wir wahrnehmen." (Tagesanzeiger, 2011)

„Bei Nikitin wird die Ästhetik der Laien, Experten, Komplizen oder auch der Profis noch einmal weitergedacht. Es gibt kaum eine Regiegruppe, die den Status dessen, wovon sie erzählen und berichten lässt, den Status des Dokuments also, so sehr in Frage stellt, wie Nikitin(...). Es ist faszinierend zu sehen, wie wenig das Theater braucht, um gut zu sein.“ (taz, 2009)

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