INTERNATIONALES THEATERINSTITUT / MIME CENTRUM BERLIN

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Stockhausen, Karlheinz

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„In philosophischer Hinsicht gibt es recht viele Leute, die nach Stille, nach dem Nichts, nach Leere streben ... um ihre innere Ruhe zu finden. Doch auf dem Gebiet der musikalischen Komposition hat in den letzten 50 Jahren eine enorme Ausweitung des Raumes stattgefunden ...Die Musik ist Wissenschaft und Kunst zugleich, da wir unablässig neue akustische Möglichkeiten und neue Formen des Hörens entdecken. Und all das ist interessanter als das Nichts ...“ --- Karlheinz Stockhausen wurde am 22. August1928 als ältestes von drei Kindern in Mödrath bei Köln geboren. Sein Vater Simon Stockhausen, ein Volksschullehrer und Musiker, fiel 1945 an der Ostfront. Seine Mutter, die ebenfalls Musikerin war, wurde wegen einer psychischen Erkrankung 1932 in einer Anstalt interniert und dort 1941 ermordet. Ab 1950 nahm Karlheinz Stockhausen an den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik Darmstadt teil, dem Treffpunkt der damaligen Avantgarde, wo er den Grundstein für sein gesamtes zukünftiges Werk legte. Der Einfluss Hindemiths, der in seinen ersten Kompositionen von 1950 (Chöre, Drei Lieder) spürbar ist, schwand schon 1951 nach der Entdeckung von Schönberg, Webern und schließlich Messiaen, an dessen Kompositionskursen er 1952 und 1953 in Paris teilnahm. Diese Vorbilder prägten ihn entscheidend: Die Webernschen Prinzipien der Ableitung und der organischen Einheit hatten für ihn absolute Priorität (Klavierstücke 1 - 4, Kontrapunkte), und von Messianen übernahm er eine radikal neue Konzeption der musikalischen Zählzeit (Kreuzspiel). Stockhausens erste große theoretische Schriften entstanden 1952 und erhoben die völlige Rationalität der Komposition zu einer moralischen Forderung. 1953 entdeckte er über Pierre Boulez die Konkrete Musik und wandte sich der elektronischen Musik zu, die er mit dem Gesang der Jünglinge (1956) begründete. Besonders in diesem Bereich entfaltete sich sein schöpferischer Geist: globale Einheit als Mittel gegen die Heterogenität des Materials, Erforschung von Raum (Kontakte, 1961) und Zeit (Hymnen, 1967). Stockhausens Musik ist ausgesprochen vielseitig – von äußerst detaillierter Notation bis zur intuitiven Musik, die völlig ohne Notenschrift auskommt –, doch alle seine Werke verbindet die Kraft der Melodie. Obwohl sie zur Zeit des strengen Serialismus in den 1950er-Jahren in den Hintergrund trat, war sie doch von der ersten Komposition an spürbar und entfaltete sich insbesondere ab 1970 (Mantra) bis zu seinem monumentalen Opernzyklus Licht (1977 - 2002). Das Prinzip der Melodik, das aus der Überwindung jeglicher Konfliktdialektik im Werk resultiert, spiegelt vor allem Stockhausens Beziehung zur Welt wider; es ist direkter Ausdruck eine tiefen Glaubens, der sein gesamtes Schaffen durchzieht und nach Universalität und Frieden strebt. Aus seinen letzten Stücken – den Elementen des unvollendeten Zyklus Klang (die vierundzwanzig Stunden des Tages) –, spricht tiefer Seelenfrieden angesichts des Lebensendes. Karlheinz Stockhausen verstarb am 5. Dezember 2007 im Alter von 79 Jahren. --- Der Choreograf Angelin Preljocaj hat zwei seiner Stücke "Helikopter" (2001) und "Eldorado" (2007) Partituren von K. Stockhausen zugrunde gelegt.

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