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MCB-TV-510

Lina Böglis Reise

Autorenschaft
Beschreibung

Ein Abend von Christoph Marthaler nach den Reise - Tagebüchern der Lina Bögli. 

Die Produktion entstand im Rahmen des Internationalen Theaterfestivals „Welt in Basel“ in Zusammenarbeit mit der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin. Das Stück geht auf die Tagebuchaufzeichnungen der schweizer Gouvernante Lina Bögli zurück, die zehn Jahre lang beruflich die Welt bereiste und doch stets in ihrer Heimat blieb.


„Menschen gibt es, an die kommt nichts ran. Die tragen, wo sie gehen, stets ihre innere Uhr bei sich. Mag die Welt draußen brausen, ruht doch in ihnen eingepanzert die Gewißheit, daß den Selbstgerechten nichts stören könne. Ob solcher Stoizismus aus dem Herrn oder aus der Phantasielosigkeit bezogen wird, gleichviel: An ihnen tropft alles ab wie an einer Regenhaut, unerweckt und unbefleckt durchstapfen sie das Leben. Fräulein Lina Bögli, 34, Erzieherin aus Bern, ging - wohl eines Liebesproblemes halber - vor hundert Jahren auf eine Reise, und da alles seine Ordnung braucht, plante sie dafür auf den Tag genau zehn Jahre ein. Australien, Neuseeland, die Südsee, Amerika - fürwahr, ein mutig Unterfangen, will man meinen. Fräulein Bögli hat darüber ein Buch geschrieben, Tagebuchbriefe auf immerhin 250 Seiten, und liest man das, kommt man aus dem Staunen nicht heraus, wie wenig sie zu staunen fand. Sie hat sich Freunde gemacht bei den Papuas und ihnen erklärt, wo die Schweiz liegt, hat gelernt, daß man auf Samoa ‚Talofa‘ für ‚Grüezi‘ sage (weshalb ihr neuerlich aufgelegtes Buch ‚Talofa‘ heißt), fand manches schön und manches nicht so schön und zog bei alledem stets den heimatlichen Apfel allem exotischen Früchtezeug vor. Darüber hinaus hat sie wenig zu melden, denn es ist ihr gelungen, in zehn Jahren nichts zu erleben, nichts als das zu sehen, was in den damals populären Zeitschriften (Gartenlaube, Über Land und Meer, und wie sie alle heißen) beschrieben war. Vielleicht war das Fräulein nie wirklich fort? Wenn doch, so schritt sie wie Käthchen von Heilbronn durch die Feuerwand: unberührt. Nichts drang durch Böglis Tuchmantel ins Innere, und wo immer sie war, war sie dies als Emmentalerin. …Viel Apartes, viel Albernes, manches Rührende, manches Fade. Wie das Leben, wie Lina Böglis verkapselte Gouvernantenexistenz….Fräulein Bögli kann sein, wo sie will, die Welt bleibt immer gleich.“ (Zitat: Michael Skasa, Die Zeit 48/1996). 




Aufzeichnung vom Theatertreffen Berlin 1997


TV-REGIE: Andreas Missler-Morell





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Regie
Darsteller
Musik
Standorte
MCB
Aufnahmedatum
Dienstag, 31. Dezember 1996
Orte
Stadt
Berlin
Land
DE
Kamera
Horst Thomas, Martin baer, Michael Butz, Carsten Marquardt, Hartmut Wilhelm
Länge
114 min