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MCB-SV-1950

Panzerkreuzer Potemkin - DEFA Fassung

Autorenschaft
Beschreibung

Deutsche Bearbeitung der DEFA. Revolutionsfilm. Kinoklassiker über den Matrosenaufstand auf einem Panzerkreuzer vor der Schwarzmeerküste bei Odessa, der zum Signal für die Revolution von 1905 wurde. Als die Seeleute von Maden wimmelndes Fleisch essen sollen, bricht die Meuterei aus. Der Stummfilm ging nicht nur wegen der berühmten „Treppenszene von Odessa" in die Filmgeschichte ein, mit der Eisensteins Kunst der rhythmischen Montage Gegenstand filmischer Reflexion wurde, das formale Meisterwerk demonstriert in pathetischer Manier den Sieg des Kollektivs über das zaristische Individuum. Quelle: Adolf Heinzlmeier: Lexikon Filme im Fernsehen. Rasch und Röhring Verlag, Hamburg, 2. erw. Aufl, 1990. Metzler Filmlexikon: Bronenosec Potemkin 111 Meisterwerke des Films: Panzerkreuzer Potemkin Reclams Filmführer: Sergej Michailowitsch Eisenstein Metzler Filmlexikon: Bronenosec Potemkin Wie ein Kulturschock traf Bronenosec Potemkin die Kinobesucher: "zeitlos gültig", "das erschütterndste Werk in der dreißigjährigen Geschichte des Films" die Urteile im In- und Ausland waren überschwenglich. Sergej Eisenstein, der erklärtermaßen kinematographisch die "Seele der Zuschauer umpflügen wollte" wie mit einem Traktor, begründete mit diesem Film das Genre des Revolutions-Films und hob gleichzeitig die Filmästhetik insgesamt auf ein ganz neues Niveau. Schon mit seinem ersten Film Stačka (Streik, 1914) hatte er den Weg des intellektuellen Kinos eingeschlagen. Visionär die Möglichkeiten des Filmmediums erkennend, arbeitete er an Verfahren zur emotionalen Einwirkung und argumentativen Überzeugung des Zuschauers, Bronenosec Potemkin war als Affront gedacht: gegen das dekadente, bourgeoise Kino, gegen das psychologisierende Seelendrama und die in den Theatertraditionen orientierten Literaturverfilmungen im Atelier. Dennoch nutzte er hier, mit dem Stoff eines historischen Vorfalls von 1905, in seinem Kalkül die strenge, erprobte Komposition der fünfaktigen Tragödie. Der Skandal des von Maden wimmelnden Fleisches in der Exposition löst den Konflikt auf dem Schiff aus. Eine drohende Erschießung der Meuterer schürzt den Knoten. Die Spannung steigt bis zum Kulminationspunkt, "in dem die Solidarität der Matrosen die Herrschaft der Unterdrücker bricht. Auf dem Höhepunkt der Handlung wird die rote Revolutionsfahne gehißt; Eisenstein ließ sie in dieser Einstellung Bild für Bild per Hand kolorieren. In der Szene, in der man den Matrosen Vakulinčuk, der im Kampf gefallen war, in Odessa an Land aufbahrt, versucht der Film eine metaphorische Darstellung der Trauer durch atmosphärische Nebelbilder im Hafen. Die Bevölkerung der Stadt solidarisiert sich mit den Aufständischen. Aber die Katastrophe naht: In einer der wohl berühmtesten Sequenzen der Filmgeschichte zerschlagen regierungstreue Kosakentruppen den fröhlichen Menschenauflauf auf der Hafentreppe mit brutaler Gewalt. Eisenstein versinnbildlicht dies unter anderem mit einem die Treppe hinunterrollenden Kinderwagen, dem zerschossenen Auge einer hilfesuchenden Frau, der Geometrie der Stufen und der Reihe glänzender Kosakenstiefel. Die Lösung kommt entsprechend im fünften Akt: Dem Panzerkreuzer Potemkin fährt ein ganzes Geschwader entgegen. Die durch alternierende Montage von Maschinen, postierten Matrosen und feindlichen Schiffen spannungsvolle Situation entlädt sich im siegreichen, unbehelligten Durchfahren der Phalanx. Eisenstein bewies mit den Odessaer Massenszenen, daß der sowjetische Film auch darin dem aufwendigen Kino à  la Griffith, Gance, Lubitsch oder Lang nicht mehr nachzustehen brauchte. Aber er stellte der Masse nicht individuelle Haupthelden gegenüber, sondern versucht die Identifikation mittels typischer Figuren und teilweise mit Laiendarstellern zu erreichen. Während Eisenstein allerdings seine Konzeptionen später modifizierte (von Oktjabr' zu Ivan Groznyj) wandten die epigonalen sowjetischen Revolutions-Filme das Konzept des 'Massenhelden' schematisch weiter an. Kontrast war Eisensteins Hauptprinzip und Experimentierfeld in diesem Film und daraus entwickelte er die Grundlagen seiner Filmtheorie: Kontrast auf allen Ebenen, vom Konflikt der graphischen Linien, Flächen und Bewegungen in der Abfolge der Einstellungen bis zu topologischen und ideologischen Gegenüberstellungen. Extreme Nahaufnahmen (z.B. Maden im Fleisch oder Teile von Gesichtern), verkantete oder ans ungewöhnlicher Ober- und Untersicht aufgenommene Einstellungen und ein virtuoser, theoretisch fundierter Einsatz damals möglicher Montagetechniken zeichneten die neue Filmästhetik aus. Die Wirkung dieser Techniken war auch den Herrschenden bewußt. Während der Sowjetstaat den Film feierte, entstand etwa im Deutschen Reich durch die heftige Auseinandersetzung mit der Zensur ein Präzendenzfall, durch den sich eine breite, bürgerlich-fortschrittliche bis linke Front gegen geistige Bevormundung bildete. Diese Interessenverbindung initiierte wie in anderen Ländern Strömungen des proletarischen, linken, sozial engagierten Films außerhalb der marktbeherrschenden großen Filmkonzerne. Auch der kulturelle Austausch mit der auf internationale Anerkennung hoffenden Sowjetunion wurde Ende der zwanziger Jahre vom Erfolg dieses Films ausgelöst. Für Eisenstein selbst hatte der sensationelle Durchbruch Folgen: Seine Ästhetik wurde zum Modell des sowjetischen Films erklärt, Bronenosec Potemkin zu einer modernen Ikone des Sowjetstaates stilisiert, der ihn als Staatsregisseur vereinnahmen wollte. "Panzerkreuzer Potemkin". Hg. Hermann Herlinghaus. Zürich 1961. (Szenarium). - "Potemkin-Protokoll", in: Sergej M. Eisenstein: Schriften 2. Hg. Hans-Joachim Schlegel. München 1973. Jacques Aumont: "Montage Eisenstein". Paris 1979; Jon Barna: "Eisenstein", Boston, Toronto 1975; Juri Chanjutin: "Wohin führt Panzerkreuzer Potemkin", in: Film und Fernsehen, 1977, H. 11; Sergej M. Eisenstein: "das Organische und das Pathos in der Komposition des Films Panzerkreuzer Potemkin", in: ders.: Ausgewählte Aufsätze. Berlin (DDR) 1960; Naum Klejman: "Nur 15 Einstellungen", in: Filmwissenschaftliche Beiträge, 1976, H. 2; Mark LeFanu: "S. M. Eisenstein ou la rigeur de l'imagination", in: Positif, 1989, H. 340; Herbert Marshall (Hg.): "The Battleship Potemkin". New York 1978 ; Hans-Joachim Schlegel: "Die Verfilmung der Revolution und die Revolutionierung des Films: Panzerkreuzer Potemkin (1925)", in: Werner Faulstich/Helmut Korte (Hg.): Fischer Filmgeschichte. Bd. 2. Frankfurt a.M. 1991; D. L. Selden: "Vision and Violence: The Rhetoric of Potemkin", in: Quarterly Reviw of Film Studies, 1982, H. 4. Autor: Alexander Schwarz Quelle: Michael Töteberg (Hrsg.): Metzler Filmlexikon. J. B. Metzler Verlag, Stuttgart/Weimar 1995.

Regie
Darsteller
Alexander Antonow, Wladimir Barski, Grigori Alexandrow
Standorte
MCB
Aufnahmedatum
Donnerstag, 19. April 2007
Land
UdSSR
Kamera
Eduard Tisse
Länge
63 min
Schlagworte